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Die ständischen Monarchieen hatten sich in
Deutschland seit der Mitte des 12. und seit dem
13. Jahrhundert entwickelt. Neben den Landes-
herrn stand die ihren Territorien durch Wohnsitz
oder herrschaftlichen Grundbesitz angehörende
höhere Geistlichkeit, die adlige Ritterschaft und
später dic Zahl der rasch emporblühenden Städte.
Aus dem Rechte der Fürsten, diese Grossen ihres
Landes (majores terrae) zu Hof zu entbieten und
mit ihnen Landesangelegenheiten zu besprechen,
entwickelte sich allmählich das Recht der Grossen,
bei wichtigeren Angelegenheiten befragt zu wer-
den. Sie erscheinen als Stände (die Bezeichnung!
soll aus den Niederlanden stammen), Landstände,
ihr Recht auf Teilnahme an der durch den Landes-
herrn ausgeübten Regierungsgewalt als Landstand-
schaft. Die Grundherrschaft ist ebenso wie dieLand-
standschaft aus dem Grundeigentumhervorgegangen.
Unter Verwechslung und Vermischung der Begriffe
Staatsgewalt und Eigentum knüpft die ständische
Staatsverfassung staatsrechtliche Befugnisse als Aus-
flüsse des angestammten Eigentums (Patrimonium)
an den Grundbesitz an (Patrimonialprinzip). Mit
dem Grundbesitz ist die Gewalt verbunden, und
ihm erscheint sie gleichwertig. Das öffentliche
Recht wird wie ein Privatrecht betrachtet, dessen
Übung oder Nichtübung dem Berechtigten frei-
steht, und dessen Veräusserung erlaubt ist. Staats-
rechtliche Befugnisse stehen nicht einzelnen Per-
sonen als solchen zu, sondern den jeweiligen
Eigentümern des Grund und Bodens. Notwendige
Folge des Patrimonialprinzipes ist die Zer-
bröckelung des Staates in eine Anzahl von Besitz-
tümern. Unter ihnen hat die Landesherrschaft nur