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den obersten Rang und den weitesten Umfang.
Innerhalb seines Machtbereiches verfährt der Fürst
mit Willkür, wie eben der Eigentümer, ohne dass
er wegen der Art und Weise, wie er sein Eigen-
tum gebraucht, verantwortlich ist. Neben ihm
stehen mit gleichen oder ähnlichen Befugnissen
die übrigen Grundherren, die Stände. Alle Rechte
der Stände leiten sich aus Verleihung seitens des
Landesherrn her. Das Verhältnis der Landesherr-
schaft zu den Ständen ist als ein privatrechtliches
anzusehen, als lehnrechtliches zu den Rittern, als
ein anderweitig rechtsgeschäftliches (aus der
Stiftung) zu den geistlichen Herren und zu den
Städten. Der Fürst hat nicht das Recht, durch
neue gesetzliche Ordnung in die herkömmlichen
Rechte und Freiheiten der Stände einzugreifen.
Neuerungen in der Verfassung, neue Landes-
gesetze, Ausschreibung von Steuern bedürfen der
Form urkundlicher Verträge zwischen Fürst
und Ständen. An diese Verträge ist auch der
Fürst gebunden. Verletzt er seine Verpflichtungen,
greift er in die Rechte der Stände ein, so sind
die Stände zur Gegenwehr berechtigt, sei es, dass
sie den Weg der bewaffneten Selbsthilfe wählen,
oder dass sie ihr aus jenen Verträgen ent-
springendes Klagerecht im Wege eines gericht-
lichen oder schiedsgerichtlichen Prozessverfahrens
geltend machen. Während also der Fürst — wie
oben bemerkt — für die Ausübung seiner Macht
in seinem Machtbereiche niemandem Verant-
wortung schuldet, wird er verantwortlich, sobald
er die Rechte anderer irgendwie verletzt. Die
Stände selbst betrachten sich nur als die Wächter
ihres besonderen Rechtsbereiches, nicht als Ver-