Zweiter Abschnitt. Das Fürstentum Reuß ä. L;, 97
Die Freiheit der Person ist keinen anderen als den
durch das Gesetz vorgeschriebenen Beschränkungen unter-
worfen. Als. solehe kamen bisher in Betracht die durch
die landesherrliche Verordnung vom 28. April 1855, be-
treffend das Vereinswesen, im Anschluß an das Bundes-
gesetz vom 13. Juli 1854 geregelten Ausnahmebestimmungen
hinsichtlich der politischen Vereine, die im Fürstentum bis
zum 29. Oktober 1903 gänzlich untersagt waren, wie die
durch jene Verordnung gebotene staatliche Überwachung
des Vereinswesens überhaupt. Hiernach durften nur solche
Vereine geduldet werden, die sich darüber genügend aus-
weisen konnten, daß ihre Zwecke mit der Bundes- und
Landesgesetzgebung im Einklang standen und die öffent-
liche Ordnung und Sicherheit nicht gefährdeten. Auch das
Gesetz vom 3. Januar 1887, betreffend das Versammlungs-
recht, ist hier zu nennen. Alle diese Verordnungen und
Gesetze sind durch das Reichsvereinsgesetz vom 19. April
1908 außer Geltung gesetzt.
Alle Volksgenossen haben einen Anspruch gegen den
Staat auf Anerkennung ihrer Persönlichkeit, insbesondere
auf gesetzlichen Schutz ihrer Person und ihres Eigentums,
Dieses ist unverletzlich. Eine Zwangsenteignung kann
nur auf Grund eines Gesetzes aus Rücksichten des gemeinen
Besten und gegen angemessene Entschädigung vorgenommen
werden. So ist nach der landesherrlichen Verordnung vom
2. Januar 1856 jeder Grundstücksbesitzer verbunden, von
seinem Grundbesitz dasjenige abzutreten, was zum Zwecke
des Landstraßenbaues oder zu bezüglichen Anlagen (Chaussee-
häusern, Abzugsgräben usw.) und zum Zwecke des Baues
von Verbindungswegen (Kommunikationswegen) erforderlich
ist. Diese Verordnung ist am 11. Mai 1858 dahin ausgedehnt
worden, daß die Verbindlichkeit zur Abtretung von Grund-
eigentum für öffentliche Zwecke auch dann eintreten soll,
wenn es sich um die Herstellung Öffentlicher Wasser-
leitungen, Kanäle und Brücken. und die durch das öffent-
liche Interesse bedingte Regulierung des Laufes von Flüssen
und Bächen, um die Erweiterung von Kirchen und Schulen
und um die Herstellung neuer oder die Erweiterung schon
vorhandener Friedhöfe handelt. Nach dem Gesetz vom
Schlotter, Reuß. 7