Zweiter Abschnitt. Das Fürstentum Reuß &L. 101
lichen oder schriftlichen Verweis, eventuell in Verbindung
mit einer Geldstrafe; einer Geldstrafe bis zum zweimonat-
lichen Betrage des Diensteinkommens; der Dienstentlassung.
Bei Beamten ohne höhere wissenschaftliche oder technische
Vorbildung kann außerdem noch auf Haftstrafe bis zu vier
Wochen, auf zeitweilige Enthebung vom Dienste unter
Gehaltsentziehung sowie auf Versetzung in eine dem Range
nach niedrigere oder mit geringerer Besoldung verknüpfte
Stelle erkannt werden. Die zwei letztgenannten Strafen
können mit einer Haftstrafe verbunden werden. Die Ver-
fügung von Disziplinarstrafen steht bald der Anstellungs-
bald der vorgesetzten Dienst- oder der nächsten Aufsichts-
behörde zu; bald sind sie durch das Disziplinargericht
auszusprechen. Dieses besteht aus dem Präsidenten des
Landgerichts Greiz als Vorsitzenden und zwei durch landes-
herrliche Ernennung je auf ein Geschäftsjahr im voraus be-
stimmten Mitgliedern, welche dem Richterstande des Landes
angehören oder bei ihrer Versetzung in den Ruhestand bzw.
ihrem sonstigen ehrenvollen Ausscheiden aus dem Staats-
dienste angehört haben. Ein drittes in gleicher Weise er-
nanntes und beschaffenes Mitglied hat lediglich den Vor-
sitzenden in Behinderungsfällen zu vertreten. Die Urteile
des Disziplinargerichts erlangen, soweit sie auf Dienst-
'entlassung lauten, erst durch ihre Bestätigung seitens der
Landesregierung die Rechtskraft. |
Für den Fall, daß gegen ein Mitglied der Landes-
regierung oder den Landgerichtspräsidenten ein Verfahren
wegen Dienstentlassung einzuleiten ist, hat die Landes-
regierung als Disziplinarhof und zwar im ersteren
Falle unter Zuziehung des Landgerichtspräsidenten als
Beisitzers zu entscheiden. Hiergegen ist die Berufung auf
das Gutachten einer deutschen Juristenfakultät zulässig.
Wegen eines Disziplinarverfahrens gegen richterliche
Beamte ist durch $48 des reuß. ä&. L. Ausführungsgesetzes
zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz vom 16. April 1879
der Erlaß eines besonderen Gesetzes vorbehalten worden.
Neben den Disziplinarstrafen bestehen noch Ordnungs-
strafen; auch kann unter gewissen Voraussetzungen die
vorläufige Suspension vom Amte ausgesprochen werden.