Zweiter Abschnitt. Das Fürstentum Reuß & L. 191
Maßregeln unerläßlich machen, kann die Aufnahme: neuer
Landesschulden vom Landesherrn unter Verantwortlichkeit
der dafür stimmenden ‚Mitglieder der Landesregierung zur
Deckung des Bedürfnisses vorläufig verfügt werden; es ist
aber der Landesvertretung bei ihrem so bald als möglich
zu veranlassenden Zusammentritt behufs der Erteilung ihrer
verfassungsmäßigen Zustimmung die erforderliche Vorlage
zu machen und über die Verwendung der erhobenen Gelder
Nachweis zu geben.
Bei der Aufnahme von Landesschulden muß zugleich
für die Tilgung des Kapitals innerhalb eines Zeitraums von
längstens 50 Jahren sichere Vorkehrung getroffen werden.
Die zur Ausführung der Reichsgesetzgebung ($ 55) er-
forderlichen Mittel müssen aufgebracht werden, auch ohne
daß die Volksvertretung ihre Zustimmung dazu. gegeben
hat. Jedoch muß diese bei der Beschlußfassung über die
Art der Aufbringung jener Mittel mitwirken.
$ 58.
Recht auf Mitwirkung bei der Gesetzgebung.
Der Landesherr übt die gesetzgebende Gewalt im Verein
mit der Landesvertretung aus. Diese kann auf neue Gesetze
sowie auf Aufhebung und Abänderung bestehender antragen
und muß vor jedem Erlasse, jeder Abänderung oder authen-
tischen Auslegung eines Gesetzes dazu ihre Zustimmung
erklärt haben; Gesetzentwürfe kann sie dagegen nicht an
den Landesherrn bringen; solche können vielmehr nur von
diesem durch die Vermittlung der Regierung der Landes-
vertretung vorgelegt werden.
Der Landesherr sanktioniert ($ 53) und veröffentlicht
die-Gesetze und zwar in der Gesetzsammlung für das
Fürstentum unter Bezugnahme auf die erfolgte Zustimmung
der Landesvertretung; er erteilt die zu ihrer Vollziehung
und Handhabung erforderlichen sowie die aus dem Aufsichts-
und Verwaltungsrechte fließenden Verfügungen und Ver-
ordnungen; er erläßt endlich auch, mit Ausnahme jeder
Änderung der Verfassung, diejenigen ihrer Natur
nach der Zustimmung der Landesvertretung bedürfenden