Full text: Das Staats- und Verwaltungsrecht der Fürstentümer Reuß älterer und jüngerer Linie.

Zweiter Abschnitt. Das Fürstentum Reuß ä. L. 129 
Sonst ist eine Ausübung des Stimmrechtes durch Bevoll- 
mächtigte nur dann zulässig, wenn der Stimmberechtigte 
abwesend ist, ohne: seine Gemeindemitgliedschaft bzw. sein 
Bürgerrecht verloren zu haben, oder im Falle länger an- 
dauernder Krankheit, wenn er zu den oben unter 1 (?) und 2 
angegebenen Stimmberechtigten gehört oder ein Ritterguts- 
besitzer ist, 
In allen Fällen muß der Bevollmächtigte aber selbst 
stimmberechtigt und als ständiger Stellvertreter dem Ge- 
meindevorstand gegenüber bezeichnet sein;.auch darf kein 
Bevollmächtigter mehr wie eine Vollmacht annehmen. 
Insoweit Ehefrauen in Betracht kommen, üben für sie 
ihre Ehemänner, für sonstige Frauen ihre Väter oder ihre 
Söhne im vermuteten Auftrage das Stimmrecht aus; fehlt 
es an solchen, oder stehen die Männer selbst unter Vormund- 
schaft, so sind andere Personen zur Ausübung des Stimm- 
rechtes zu bevollmächtigen. Ob auch hier die oben für die 
Bevollmächtigten maßgebenden Voraussetzungen Platz 
greifen, ergibt sich aus dem Gesetze nicht. 
Das Stimmrecht ruht bei Abwesenheit eines Stimm- 
berechtigten, der ohne seine Gemeindemitgliedschaft bzw. 
sein Bürgerrecht verloren zu haben, die Vorschriften wegen 
eines Bevollmächtigten außer acht gelassen hat oder der 
über zwei Jahre lang mit den Gemeindeabgaben im Rück- 
stande ist. 
In Gemeindebezirken mit 2500 Einwohnern und darunter 
besteht nicht für alle ein gleiches Stimmrecht; die Zahl der 
Stimmen, die einer in sich vereinigt, ist vielmehr abhängig 
von der Höhe der von ihm zu leistenden direkten Staats- 
steuern. Dabei wird die Jahressteuer von 15 Mk. als Ein- 
heitssatz zugrundegelegt. Also! alle, die bis 15 Mk. Jahres- 
steuer zahlen, haben je eine Stimme; jede weiteren vollen 
15 Mk. jährliche Steuer verschaffen dem Steuerzahler eine 
weitere Stimme. Wer von den Gemeindeabgaben befreit 
ist, hat. auf jeden Fall nur eine Stimme. Wer Staatssteuern 
nieht entrichtet, vereinigt so viel Stimmen in sich, als er 
haben ‚würde, wenn sein Einkommen staatssteuerpflichtig 
wäre. Keiner darf sein Stimmrecht mit mehr als dem fünften 
Schlotter, Reuß. 9
	        
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