Full text: Das Staats- und Verwaltungsrecht der Fürstentümer Reuß älterer und jüngerer Linie.

96 Besonderer Teil, 
Genehmigung des Gemeindevorstands den. zeitweiligen 
Aufenthalt innerhalb einer Gemeinde in selbständigen 
Verhältnissen nehmen. Als Flurgenossen dagegen werden 
diejenigen bezeichnet, welche nur durch den Besitz von 
Grundstücken innerhalb des Gemeindebezirks zu der Ge- 
meinde in Beziehung stehen, 
Staatsrechtlich gehören die Ortsgemeinden zu den 
sogenannten öffentlich-rechtlichen Verbänden. 
Das Wesen solcher Verbände besteht darin, daß sie ein 
vom Staate abgeleitetes, aber trotzdem diesem gegenüber 
wie überhaupt selbständiges, eigenes Recht auf Ausübung, 
staatlicher Herrschergewalt (bzw. landesherrlicher Kirchen- 
gewalt — $ 82° —) haben und dabei staatlicher Dienstpflicht 
unterliegen. Es sind also jene Verbände sowohl Organe des 
Staates wie auch dessen Untertanen. 
Die Ortsgemeinden haben das Recht der Persön- 
ichkeit; sie können als solche Rechte erwerben und 
Verbindlichkeiten eingehen, und zwar durch ihr höchstes 
Organ, den Gemeindevorstand. Alle. von diesem im Namen 
der Gemeinde vorgenommenen Handlungen sind für letztere 
rechtsverbindlich, vorausgesetzt allerdings, daß zu ihnen 
die etwa nach dem Gesetze erforderliche Genehmigung des 
Gemeinderats bzw. der Gemeindeversammlung und der 
Aufsichtsbehörden erteilt ist. Insbesondere haftet die Ge- 
meinde für allen Schaden, den ihr Vorstand durch eine in 
Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, 
zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten 
zugefügt hat. 
Es stehen den Gemeinden Ortspolizeibefugnisse 
zu, die im einzelnen eingehend im Gesetz vom 29. Juli 1852 
geregelt sind; insbesondere können ihre Vorstände inner: 
halb ihres Geschäftsbereichs allgemeine polizeiliche Ver- 
ordnungen unter Androhungen von Greldstrafen bzw. Haft 
(Gesetz vom 7. Januar 1902), sowie Strafverfügungen nach 
Maßgabe der 88 453—458 Str.P.O. wegen Übertretungen jeder 
Art erlassen, insoweit nicht Reichsgesetze etwas anderes be- 
stimmen (Gesetz vom 9. März 1903). Die Befugnisse letzterer 
Art stehen hinsichtlich der auf eximierten Grundbesitzungen
	        
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