Erster Abschnitt. Das Fürstentum Reuß j. L. 31
Zur Regentschaft ist der der Thronfolge nach nächste,
regierungsfähige Agnat berufen, also derjenige, welcher im
Falle des Todes des Landesherrn dessen Nachfolger in der
Regierung werden würde.
Ist der Landesherr nur zeitweilig verhindert, die
Regierung des Landes zu führen, dann kann er nach dem
Gesetz vom 9. Oktober 1892 den volljährigen Regierungs-
nachfolger und, wenn ein solcher nicht vorhanden ist, einen
volljährigen Agnaten mit seiner Stellvertretung beauftragen.
Der Stellvertreter führt die Regierung im Namen des
Landesherrn. Der Eintritt und der Schluß der Stell-
vertretung ist durch die in dem Fürstentume Reuß jüngerer
Linie erscheinende Gesetzsammlung bekanntzumachen. Ein
solches Vertretungsverhältnis besteht seit dem 27. November
1892 zwischen dem regierenden Fürsten Heinrich XIV. und
seinem Sohne, dem Erbprinzen Heinrich XXVIL.; es ist,
trotzdem es auf staatsrechtlicher Grundlage ruht, privat-
rechtlicher Natur und kann von den beiden Beteiligten
jederzeit aufgehoben werden.
Eine Änderung hinsichtlich der Regierungsnachfolge
bedarf der Zustimmung der Agnaten, da sie auf hausgesstz-
lichem Wege zu erfolgen bat ($ 6), und der Volksvertretung
($ 18). Die Initiative dazu ruht beim .Landesherrn.
Der Landesfürst hat bei dem Antritte-der Regierung,
der Regent bei der Übernahme der Regentschaft und der
Stellvertreter in der Regierung bei der erstmaligen Über-
nahme der Stellvertretung eine Versicherungsurkunde bei
fürstlichem Worte und Ehre dahin auszustellen, daß er die
Verfassung des Staates. aufrechterhalten und in Uberein-
stimmung mit den Gesetzen regieren wolle. Die Urschrift
dieser Versicherungen wird im Archiv der Landesvertretung
niedergelegt. | |
Die von dem Lanxdesherrn, seinem Stellvertreter oder
dem Regenten ausgehenden Regierungshandlungen sind
von einem Mitglied des Ministeriums gegenzuzeichnen.
Dadurch erhalten sie allgemeine Glaubwürdigkeit und
Vollziehbarkeit und sind für alle Gerichte und sonstigen
Staatsbehörden maßgebend. Der gegenzeichnende Minister
ist für die :Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit dessen, was