Full text: Das Staats- und Verwaltungsrecht der Fürstentümer Reuß älterer und jüngerer Linie.

45 Besonderer Teil. 
vom Landesherrn eingebrachten Gesetzesvorschläge von 
dem anderen Teile verworfen, so können sie demselben 
Landtag nur in veränderter Form, allen späteren Landtagen 
dagegen in ihrer ursprünglichen Form wieder vorgelegt 
werden. Jedenfalls muß aber die Erklärung, durch welche 
die Volksvertretung einen vom Ministerium eingebrachten. 
Gesetzesvorschlag ganz oder zum Teil ablehnt oder Ab- 
änderungsanträge dazu stellt, eingehend begründet werden. 
Die von .der Volksvertretung gestellten Anträge auf 
Vervollkommung der Gesetzgebung und Verfassung oder 
die von ihr eingebrachten Gesetzentwürfe sind ‘während 
des Landtags, auf welchem sie vorgelegt werden, in Er- 
wägung zu ziehen, 
Der Einwilligung der Volksvertretung zu einer das 
Wesen eines Gesetzes an sich tragenden Verordnung des 
Landesherrn bedarf es dann nicht, wenn diese durch das 
Staatswohl bedingt ist und mit ihrer Verzögerung ihr 
Zweck vereitelt werden würde. Jedoch sind ohne jene 
Einwilligung erlassene Verordnungen dem nächsten Land- 
tage zur nachträglichen Beschlußfassung vorzulegen. Die 
Versagung ihrer Genehmigung hat indessen nicht rück- 
wirkende Kraft, macht also nicht die Verordnung von An- 
fang an nichtig. Dafür, daß bei Erlaß jener Verordnung 
Gefahr im Verzuge war, hat das Ministerium der Volks- 
vertretung gegenüber die Verantwortung zu übernehmen. 
Das Staatsgrundgesetz und das Landtagswahl- 
gesetz indessen können niemals ohne die Einwilligung 
der Volksvertretung abgeändert oder aufgehoben werden. 
Ebenso bedarf es unbedingt der Einwilligung der Volks- 
vertretung zum Abschluß von Verträgen des im $ 12 a. E. 
aufgeführten Inhalts mit anderen Staaten. 
Aber auch eine im hausverfassungsmäßigen Wege zu- 
stande gekommene Änderung des Hausgesetzes der 
fürstlichen Familie Reuß jüngerer Linie bedarf zu ihrer 
Gültigkeit der Zustimmung der Volksvertretung, wenn sie 
die Ordnung in der Regierungsnachfolge, die Vormund- 
schaft über den hiernach zur Regierung berufenen Prinzen, 
die während derselben bestebende Regentschaft und die 
Volljährigkeit des Regenten betrifft ($ 12).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.