Erster Abschnitt. Das Fürstentum Reuß j. L. 43
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Recht auf Überwachung der Verwaltung des
Staats. Recht auf Beschwerde und förmliche
Anklage.
Die Volksvertretung ist berechtigt, im Landtage alle
ihr bekannt gewordenen Mißstände in den verschiedenen
Zweigen der Staatsverwaltung ($$ 22ff.) zur Sprache zu
bringen und eine ungewundene Auskunft vom Ministerium
über alle von einzelnen Abgeordneten ausgehenden oder
auf Grund von Petitionen sonstiger Volksgenossen im Land-
tage vorgebrachten Beschwerden sowie deren genaue
Untersuchung, vor allen aber die Abhilfe der gerügten
und festgestellten Mißstände zu fordern. Eine Beschwerde
ist zulässig, wenn die Volksvertretung sich durch die
Unzweckmäßigkeit einer Verordnung oder eine sonstige
Maßregel einer Behörde beschwert fühlt. Auf die erhobene
Beschwerde hin ist der dadurch betroffene Staatsdiener
oder die betroffene Behörde verantwortlich zu vernehmen.
Stellt sich dabei heraus, daß die Beschwerde ganz oder zum
Teil begründet war, dann hat der Landesherr die Beseitigung
des gerügten Mangels anzuordnen, unbeschadet einer ein-
zuleitenden förmlichen Untersuchung, wenn sich bei weiterem
Eingehen auf die Sache gröbere Vergehen herausstellen.
Der Volksvertretung ist von dem Erfolge ihrer Beschwerde
jedesmal Kenntnis zu geben.
Jene ist ferner befugt, die Verantwortlichkeit der Mit-
glieder des Ministeriums ($ 12) für die Regierungs-
handlungen des Landesherrn bzw. dessen Stellvertreters
oder des Regenten durch Beschwerde oder förmliche
Anklage geltend zu machen. Zur Untersuchung und
Entscheidung über die letztere ist das Oberlandesgericht
in Jena ausschließlich zuständig und zwar ist die erste
Entscheidung vom Strafsenate, die zweite, auf die erfolgte
Anfechtung jener hin herbeigeführte Entscheidung von
dem Plenum, das ist der Gesamtheit aller Zivil- und Straf-
senate des Oberlandesgerichts zu fällen.
Unerlaubte Handlungen und Nachlässigkeiten der
unteren Staatsdiener berechtigen die Volksvertretung nur