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Die vor dem Kriege eingegangenen Verträge behalten ihre
Gültigkeit, sie können aber während des Krieges nicht eingeklagt
werden. Leistet der zur Leistung verpflichtete Engländer während
des Krieges, so wird er wegen Hochverrats bestraft.
Diese Vorschriften hat die englische Regierung in der am
9. September 1914 erlassenen Kundgebungs), „den Handel mit
dem Feind betreffend“, aufrechterhalten und insofern ausgedehnt,
als es nunmehr dem englischen Kaufmann nicht mehr erlaubt ist,
Waren, die er vor dem Krieg von ausländischen Firmen geliefert
erhalten hat, während des Krieges zu bezahlen; eine Verletzung
dieser Bestimmung wird als Verbrechen bestraft.
Das Deutsche Reich hat sich dagegen gewehrt. Im Wege
der Vergeltung, der durch das Haager Abkommen für erlaubt er-
klärt wurde, hat der Bundesrat durch Verordnung“) vom 30. Sep-
tember 1914 (RGBl. S. 421) verboten, „Zahlungen nach Groß-
britannien und Irland oder den britischen Kolonien und aus-
wärtigen Besitzungen mittelbar oder unmittelbar, in Wechseln
oder Schecks, durch Überweisung oder in sonstiger Weise zu leisten,
sowie Geld oder Wertpapiere mittelbar oder unmittelbar nach den
bezeichneten Gebieten abzuführen oder zu überweisen“. Zuwider-
handelnde werden nach § 6 dieser Verordnung mit Gefängnis bis
zu drei Jahren und mit Geldstrafe bis zu 50000 Mark oder mit
einer dieser Strafen belegt. Auch hat der Bundesrat durch die
Verordnung vom 10. August 1914 (REl. S. 367) die auf
Grund des Gesetzes betreffend die Handelsbeziehungen zum briti-
schen Reiche vom 13. Dezember 1913 (RGBl. S. 783) gewährte
Meistbegünstigungsklausel wieder aufgehoben. Aber unsere Gesetz-
geber sind nicht so weit gegangen, die Verträge zwischen Deutschen
und Briten für nichtig zu erklären.
Daß man diese Mäßigung nur gutheißen kann, zeigt ein
Blick auf die wirtschaftliche Lage beider Länder. Es betrug in
Millionen Mark5):
6) Vgl. Wassermann, JIW. 1914 S. 951.
4) Durch Bundesratsverordnung vom 20. Oktober 1914 auf Frankreich,
19. November 1914 auf Rußland ausgedehnt. Vgl. dazu Bekanntm. des Reichs-
kanzlers vom 20. Dezember 1914.
5) Wassermann, JW. 1914 S. 807.