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Antragsempfänger, telegraphisch Antwort zu geben, vollkommen
unmöglich war.
Längere Zeit waren durch die Sperrung der wichtigsten
Eisenbahnlinien manche Orte von jeder Postverbindung abgeschnitten,
manche Festungen für jeden Verkehr gesperrt. Soll auch in diesen
Fällen der Antragsteller sich für längere Zeit gebunden erachten
müssen? Das ist zu verneinen. Die Verkehrseinschränkungen
sind während des Krieges zum Regelmäßigen geworden. Die
vollkommene Absperrung einzelner Orte und Bahnlinien, die auch
jetzt noch bei Truppenverschiebungen häufig vorkommt und noch
vorkommen wird, muß aber auch in solchen Zeitläuften als
außergewöhnlich angesehen werden. Mit diesem Umstande braucht
daher der Antragsteller nicht zu rechnen.
Wir sagten oben, der Antragende dürfe erwarten, daß der
Antragsempfänger zu Hause sei und Kenntnis vom Briefe be-
kommen könne. Auch hier müssen die veränderten Zustände
berücksichtigt werden.
Wie ist zu urteilen, wenn der Empfänger im Felde steht?
„Eine allgemeine Verpflichtung zur Entgegennahme von
Willenserklärungen läßt sich aus dem Gesetz nicht herleiten. u)
Deshalb besteht auch keine Verpflichtung, einen Bevollmächtigten
für die Entgegennahme von Willenserklärungen bei längerer Ab-
wesenheit zu bestellen. Die Anträge, die während des Kriegs-
dienstes des Empfängers in seinen Briefkasten oder in sein Post-
schließfach gelegt werden, sind zwar zugegangen im Sinne des
§ 130 BGB., sie gelten aber, wenn der Empfänger keine Kennt-
nis von ihnen erlangt und deshalb keine Antwort gibt, nach
gewisser Zeit als abgelehnt. Die Pflicht, einen Empfangsbevoll-
mächtigten zu bestellen, kann sich aber unter Umständen doch
ergeben, z. B. wenn zwischen den Parteien Verhandlungen über
ein Rechtsgeschäft schweben und nicht die Aksicht besteht, sie
infolge der Einberufang des einen Teils bis auf weiteres ruhen
zu lassen. Auch gewisse Berufe können eine solche Verpflichtung
auferlegen. So wird man dies beim Kaufmann ohne weiteres
annehmen müssen, wenn er sein Geschäft auch in seiner Ab-
wesenheit fortbetreiben läßt. Hat er aber keinen Bevollmächtigten.
11) Staudinger, § 130 Anm. 10 S. 510.