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bestellt, sondern nur zu Hause angeordnet, daß ihm die geschäft-
lichen Postsachen nachgeschickt werden — nehmen wir an, er sei
zur Bewachung eines Gefangenenlagers oder zur Besatzung
einer Inlandsfestung abkommandiert, habe also einen festbestimmten
Aufenthaltsort —, so sind ihm die Briefe schon in dem Zeit-
punkte zugegangen, in dem sie ihm zugegangen wären, wenn er
zu Hause gewesen wäre). Denn daß der Antragende solange
gebunden sei, bis die Postsachen tatsächlich zugegangen sind, wird
man nicht annehmen können, auch dann nicht, wenn er die An-
ordnung des Empfängers gekannt hat. Sonst würde er, wenn
infolge Säumigkeit des Vermittlers die Briefe nicht unverzüglich,
sondern erst nach einiger Zeit nachgeschickt würden, auch diesen
Umstand zu tragen haben, und das wäre unbillig.
Anders ist die Frage zu beurteilen, wenn der Antragsteller
den anderen in seiner Wohnung oder in seinem Geschäft aufsucht,
um ihm da seinen Antrag zu machen, und dabei Kenntnis von
dessen Einberufung erlangt. Gibt er nun die Erklärung einem
Angestellten oder Hausgenossen mündlich ab mit der Aufforderung,
sie dem Geschäftsherrn zu übermitteln, so ist sie im Gegensatz
zur. Meinung des Reichsgerichts) erst dann als zugegangen an-
zusehen, wenn sie einem vom Geschäftsherrn Bevollmächtigten
oder diesem selbst gegenüber abgegeben ist. Der Antragende ist
so lange gebunden, als unter diesen Umständen die Antwort ein-
treffen kann. Es soll nicht verkannt werden, daß gerade unter
den veränderten Umständen des Kriegszustandes die Gebunden-
heit für den Antragenden manchen Verlust zur Folge haben kann,
da die Absatzmöglichkeiten für Waren außerordentlich beschränkt
sind. Doch muß betont werden, daß der, welcher ein Geschäft
machen will, auch die Gefahr zu tragen hat. Zudem kann ja
der Antragende durch besondere Klauseln, z. B. „ohne Verbind-
lichkeit“, „ohne Obligo“, „freibleibend“, „Zwischenkäufe vorbehalten“,
seine Gebundenheit ausschließen. In diesem Falle liegt dann
allerdings kein wirklicher Antrag mehr vor, sondern nur eine
Aufforderung an den anderen, seinerseits einen Antrag zu machen.
„Vertragsanträge werden mit Rücksicht auf die jeweilige
Lage der dem Wechsel unterworfenen Verhältnisse, nicht für
12) RG. 59 S. 296.
1) RG. 60 S. 334, 61 S. 125.