Full text: Der Einfluß des Krieges auf die Hauptverträge des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

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der Krieg zu einer Unmöglichkeit der Leistung führt und ob und 
in welchem Umfange der Schuldner hierfür einzustehen hat. 
Der Krieg kann eine Leistung unmöglich machen aus natür— 
lichen sowohl wie aus rechtlichen Gründen. Aus natürlichen: 
Denken wir z. B. daran, daß die geschuldete Ware zugrunde geht, 
der Feind die zur Herstellung des Gegenstandes erforderlichen 
Maschinen oder die Rohstoffe vernichtet, die Verkehrssperre die be- 
stellten Sachen nicht an ihren Bestimmungsort gelangen läßt. 
Und dann aus rechtlichen, z. B. infolge Ausfuhrverbotes, Beschlag- 
nahme, Zahlungsverbotes. 
Daneben aber ist von größter Bedeutung die Feststellung, 
inwieweit man von einer durch den Krieg herbeigeführten Un- 
möglichkeit infolge „überobligationsmäßiger Kraftanstrengung"“ 
sprechen kann. Bei dem Unterschied zwischen Einzel- und Gattungs- 
sache kommt diese Frage erklärlicherweise vor allem für die letztere 
in Betracht. Ist doch der Schuldner bei einem nur der Gattung 
nach bestimmten Gegenstande zur Leistung so lange verpflichtet, als 
diese aus der Gattung möglich ist (6 279 BGB.). Die Ansicht 
der Römer: genus perire non potest, ist heute überwunden. In 
der wichtigen Entscheidung vom 23. Februar 1904 hat das Reichs- 
gerichts) dagegen Stellung genommen. §* 279 dürfe nicht dahin 
ausgelegt werden, daß nur der Untergang der ganzen Gattung 
den Schuldner befreie; vielmehr sei die Leistung schon dann als 
unmöglich anzusehen, wenn die Beschaffung von Gegenständen der 
fraglichen Gattung eine so schwierige geworden sei, daß sie billiger- 
weise niemandem mehr zugemutet werden könne. Dieser Grund- 
satz ergibt sich aus § 242 BGB., aus der Berücksichtigung von 
Treu und Glauben. Die Bemühungen des Schuldners zur Be- 
schaffung der Ware müssen eine Grenze haben, worüber hinaus- 
zugehen er rechtlich nicht gezwungen werden kann. Allerdings 
darf diese auch nicht zu eng gesteckt werden. Der Schuldner 
wird nicht schon frei, wenn sich bei der Beschaffung „mehr 
Schwierigkeiten“ bieten. Nehmen wir z. B. an, der Grünwaren= 
händler A. habe mit dem Großhändler B. einen Kaufvertrag über 
100 Ztr. Kartoffeln der diesjährigen Ernte geschlossen. Die Ernte 
fällt nicht besonders gut aus; rings um die Grenzen unseres Reiches 
25) NG . 57 S. 117 f. 
 
	        
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