Full text: Der Einfluß des Krieges auf die Hauptverträge des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

— 16 — 
lauern die Feinde und suchen uns die Lebensmittelzufuhr ab— 
zuschneiden. Um einer Preistreiberei vorzubeugen, setzt der Bundes- 
rat einen Höchstpreis fest, sagen wir 3,50 M. für den Zentner. 
Die Bauern glauben, nicht genug daran zu verdienen, und geben 
dem Großhändler keine Kartoffeln. Er bringt die 100 Ztr. nicht 
zusammen. Trotzdem liegt hier keine ihn befreiende Unmöglichkeit 
vor. Nach Treu und Glauben kann ihm zugemutet werden, sich 
anderwärts nach Kartoffeln umzusehen, auch dann, wenn er dem 
A. die Kartoffeln für den Preis von 3,50 M. versprochen hatte 
und nun infolge der Höchstpreisfestsetzung gar nichts verdient, ja sogar 
dann, wenn er noch Geld darauflegen muß. Eine Erhöhung der 
Preise befreit den Lieferanten im allgemeinen eben nicht, es sei. 
denn, daß es sich um eine ungewöhnlich hohe Preissteigerung 
handelt. Die Beschaffung des Gegenstandes „muß mit so außer- 
gewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden sein, daß diese Schwierig- 
keiten nach der Auffassung des Verkehrs der Unmöglichkeit gleich- 
geachtet werden“"). 
Gerade der Krieg aber hat vielfach solche außergewöhnlichen 
Schwierigkeiten herbeigeführt. Denken wir uns z. B., ein Deutscher 
in Amerika habe bei dem Neuyorker Zweiggeschäft einer großen 
Hamburger Möbelfabrik eine Wohnungseinrichtung bestellt. Die 
Leistung ist rechtlich durchaus möglich, sie ist auch an sich tatsächlich 
möglich: die Möbel stehen in Hamburg bereit. Aber es verkehren 
keine deutschen Frachtdampfer mehr. Soll man von dem Liefe- 
ranten verlangen können, daß er die Waren auf einem neutralen 
Schiff nach Amerika schickt? Grundsätzlich wäre er wohl dazu 
verpflichtet. Seitdem aber die Engländer sich nicht scheuen, alle 
neutralen Dampfer nach deutschem Eigentum zu durchsuchen, um 
dieses dann zu vernichten, muß die Antwort verneinend ausfallen. 
Man kann es dem Möbelhändler nicht zumuten, auf gut Glück 
seine Möbel zu verschiffen, in der begründeten Besorgnis, daß sie 
unterwegs von den Engländern im Meer versenkt werden. Und 
dem ostpreußischen Pferdezüchter, dessen Gestüt von den Russen 
völlig vernichtet wurde, aufzuerlegen, anstatt der getöteten Trakehner= 
hengste andere gleichwertige zu liefern, hieße, von ihm eine über- 
mäßige Kraftanstrengung verlangen. 
20) RcGZ. 57 S. 119. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.