Full text: Der Einfluß des Krieges auf die Hauptverträge des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

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Noch aus einem anderen Grunde kann eine Leistung unmöglich 
werden, nämlich aus dem Gesichtspunkt des „überwiegenden 
Interesses“. Nehmen wir z. B. an, die Mühle H. liefere ganz 
bestimmtes Korn, das auf ihrem Grund und Boden gedeiht. Sie 
hat jährlich etwa 1000 Ztr. geerntet. Durch Einfälle feindlicher 
Banden ist jedoch diesmal der größte Teil vernichtet worden, es 
sind nur noch etwa 200 Ztr. lieferbar, so daß der Müller nicht 
alle Kunden befriedigen kann. Hier steht ihm das Recht zu, die 
lieferbare Menge verhältnismäßig auf seine Abnehmer zu verteilen 2). 
Obwohl es tatsächlich vielleicht möglich wäre, den einen Käufer 
völlig zufriedenzustellen, weil er gerade 200 Ztr. oder weniger 
bestellt hat, so kann dem Schuldner doch mit Rücksicht auf Tre# 
und Glauben (5242) nicht zugemutet werden, sich mit Schadens- 
ersatzansprüchen der anderen Gläubiger zu belasten. Dem steht 
das Interesse des Schuldners entgegen. Er darf die ursprünglich 
geschuldete Leistung verweigern, „wenn sie infolge unvorbergesehener 
Umstände ungewöhnliche Aufwendungen oder Vermögensschädigungen 
mit sich bringt.“:s) Folgen, die der Krieg in Menge in seinem 
Gefolge führt. 
Mit dem bisher Festgestellten ist unsere Frage aber noch nicht 
völlig gelöst. Hatte der Schuldner eine bestimmte Einzelsache zu 
leisten und ist diese zugrunde gegangen, so kann am Vorliegen 
einer Unmöglichkeit gar nicht gezweifelt werden. Anders aber, 
wenn der geschuldete Gegenstand noch vorhanden ist, z. B. durch 
die Verkehrssperre zurückgehalten wird, oder wenn es sich um 
eine Gattungssache handelt. Dann muß stets die Dauer der 
Unmöglichkeit geprüft und untersucht werden, in welcher Weise 
hier der Krieg einwirkt. 
Währt die Unmöglichkeit nur eine kurze Zeit, so liegt darin 
meist ein bloßes Hinausschieben der Vertragserfüllung: wir denken 
hier an die Beschlagnahme sämtlicher Decken, die nur wenige 
Tage aufrechterhalten wurde. Im allgemeinen ist die Unmöglichkeit 
dann als eine zeitweilige anzusehen, wenn die Dauer des Hinder- 
nisses genau begrenzt ist oder sich doch fest bestimmen läßt. Das- 
selbe hat zu gelten, wenn die Unmöglichkeit durch außergewöhnliche 
  
3)) Vgl. RG. 84 S. 125 und dessen Beurteilung durch Krückmann in 
LB8. 1915 S. HLöff. 
28) Planck, Vorb. zu §§# 275—292, 3 a, S. 208.
	        
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