Full text: Der Einfluß des Krieges auf die Hauptverträge des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

geführt würde, „wenn tatsächlich lediglich ihr freier Wille für diese 
zur Kriegszeit eingetretene Unmöglichkeit kausal wäre.“"o)Das 
ist aber nicht der Fall. In Friedenszeiten ist der Lieferant sein 
eigener Herr, er kann Verträge abschließen, mit wem er will. 
Anders während des Krieges; denn jetzt kann ihn die Heeres- 
verwaltung zum Lieferungsabschluß zwingen, will er nicht darauf 
eingehen, so kann sie auf Grund des Kriegsleistungsgesetzes vom 
13. Juni 1873 seinen ganzen Betrieb in Anspruch nehmen. 
„Hierdurch wird den betreffenden Firmen ein Kontrahierungszwang 
auferlegt, der sie . . nunmehr genau so zum Abschluß derartiger 
Kriegslieferungsverträge zwingt, wie § 329 Str#. sie zu deren 
unverzüglicher Ausführung nötigt.““") Der Wille des Unter- 
nehmers ist also gebunden. Ob er nun wirklich abwartet, bis ihn 
die Behörde zwingt, oder ob er freiwillig zu ihr in ein Vertrags- 
verhältnis tritt, kann wohl keinen Unterschied machen u). Und 
deshalb kann der Lieferant auch nicht schadensersatzpflichtig gemacht 
werden. Diese Entscheidung dürfte der Billigkeit völlig entsprechen. 
Wenn der Kleinkaufmann die 100 Büchsen Konserven nicht recht- 
zeitig oder zunächst überhaupt nicht erhält, weil die Fabrik für 
Heereszwecke liefern muß, so kann er doch zweifellos keinen 
Schadensersatz verlangen; denn daß hier unsere Brüder draußen auf 
dem Schlachtfelde vorgehen, daß sie zunächst genügend versorgt 
werden müssen, ist eine Selbstverständlichkeit. Der Einwand, die 
Lieferanten verdienten an den Militärlieferungen ja bedeutend 
mehr, soll als oft durchaus richtig zugegeben werden; es darf 
aber zugleich nicht vergessen werden, daß auch die Rohstoffe im 
Preise gestiegen sind, daß dem Unternehmer infolge der Beförderungs- 
schwierigkeiten größere Unkosten erwachsen, daß ihm viele Arbeiter 
eingezogen sind und er schon deshalb im allgemeinen weniger 
herstellen kann. Und dann ist auch noch zu sagen, worauf 
besonders Becker#a) hinweist, daß der Lieferant durch die vorzugs- 
weise Erfüllung der Militärlieferungen den Pflichten gegenüber 
seinen sonstigen Kunden nicht nachkommen kann und gar manchen 
deshalb verlieren wird, weil er infolge Verärgerung über diese 
Hintansetzung sich anderen Lieferanten zuwendet. Der einmalige 
40) Becker, JW. 1914 S. 1115. 
41) Becker, JW. 1914 S. 1115.
	        
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