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wirtschaftliche Notlage fällt auf die Schultern des Unternehmers.
Es wäre unbillig, diese auf den Arbeiter, der nur seine Arbeits-
kraft vermieten kann, abzuwälzen. Zu diesem Ergebnis führt
auch der Umkehrschluß aus dem gegenteiligen Falle, der wirt-
schaftlichen „Hochkonjunktur" 7—-), wo sich nicht die geringste be-
sondere rechtliche Wirkung auf das Arbeitsverhältnis zeigt. Zu
beachten ist ferner, daß beim Konkurs, selbst wenn er unver-
schuldet ist, dem Geschäftsherrn keineswegs das Recht auf frist-
lose, sondern nur auf gesetzliche Entlassung zusteht (6 22 KO.).
Auch die Rechtsprechung') hat sich auf den Standpunkt ge-
stellt, daß bloße ungünstige Geschäftslage und daraus folgende
Betriebseinschränkung nicht zur sofortigen Entlassung berechtigt,
somit kein „wichtiger Grund“ ist.
Die Geschäftseinschränkung wird es sehr oft mit sich bringen,
daß der Angestellte zwar zur Leistung seiner Dienste imstande ist,
diese aber für den Geschäftsherrn unverwertbar sind. Nimmt
letzterer die ihm dargebotenen Dienste nicht an, so kommt er in
Annahmeverzug und hat dem Verpflichteten die vereinbarte Ver-
gütung zu leisten unter Abrechnung des Ersparten oder anderweit
Erworbenen. Hat nun der Dienstherr gerade für die angebotenen
Dienste keine Verwendung, so muß der Angestellte auch eine
andere ihm vom Geschäftsherrn gewährte Stellung übernehmen,
soweit ihm das zugemutet werden kann 77). So braucht der Ge-
schäftsherr einen Reisenden nicht auf die Reise zu schicken, „wenn
hieraus mit Sicherheit lediglich Aufwand von Spesen, aber keinerlei
Geschäftsgewinn zu erwarten ist“ 76). Der Reisende muß in
diesem Fall eine ihm dargebotene Stelle als Schreiber annehmen,
das kann ihm zugemutet werden.
Einen Entlassungsgrund gibt auch der Umstand nicht ab,
daß durch Einziehung eines Teils der Angestellten der Betrieb
gestört wird7). Man kann von dem Geschäftsherrn verlangen
75) Urt. d. KG. Frankfurt a. M., August 1914 in „Gesetz und Recht“
XVI, 117.
76) Urt. d. KG. Frankfurt a. M., August 1914. Urt. d. G. Berlin,
Kammer III, vom 1. Oktober 1914.
17) Ahnl.: Urt. d. KG. Leipzig vom 5. Sept. 1914; anders: Urt. d. KG.
München v. 12. Sept. 1914, beide in G.= u. KG. XX Nr. 1.
78) Baum im Sonderblatt d. V. D. H. Sp. 132.
79) Baum, Einfluß S. 817.
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