Full text: Der Einfluß des Krieges auf die Hauptverträge des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

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nicht als wichtigen Grund angesehen, wenn infolge Beschlagnahme 
des zum Betrieb der Dieselmotoren erforderlichen Paraffinöles 
der Betrieb gänzlich eingestellt wird. Hier widerspreche die frist- 
lose Entlassung dem Grundsatz von Treu und Glauben und der 
Verkehrssitte. Ganz im Gegensatz dazu steht das Urteil des K. 
Jenas:) vom 21. August 1914: Die Beklagte ist durch die Be- 
schlagnahme des zur Fabrikation ihrer Maßstäbe dringend ersorder- 
lichen Benzins nicht mehr in der Lage gewesen, ihren Betrieb 
aufrechtzuerhalten; deshalb war sie zur sofortigen Kündigung 
ihren Angestellten gegenüber berechtigt. Da die Unmöglichkeit 
von keinem Teile verschuldet war, mußte § 323 Anwendung 
finden. Der Billigkeit dürfte die vorhergehende Entscheidung mehr 
entsprechen; denn einmal nimmt die Jenenser zuviel Rücksicht auf 
das Interesse des Geschäftsherrn und vergrößert dadurch nur die 
ohnehin durch den Kriegsausbruch gefährdete Lage der Dienst- 
verpflichteten. Zum anderen erscheint sie insofern nicht zutreffend, 
als sie sich auf die Unmöglichkeitsgrundsätze stützt. Wir vertraten 
oben den Standpunkt, daß Unmöglichkeit nur dann anzunehmen 
sei, wenn der Wegfall des Hindernisses überhaupt nicht erwartet 
werden könnte oder dieser Zeitpunkt nicht mit Bestimmtheit für 
die nächste Zeit vorauszusehen sei. Es war aber von Anfang an 
anzunehmen, daß das Benzinverbot nur kurze Zeit währen würde, 
wie es ja auch tatsächlich der Fall war. Deshalb stand der be- 
klagten Firma nicht das Recht zu, ihre Angestellten sofort zu 
entlassen. 
Von der oben erwähnten Unverwertbarkeit der Dienste ist 
scharf zu trennen die Unmöglichkeit der Dienstleistung. Die erstere 
bringt den Geschäftsherrn in Annahmeverzug und verpflichtet ihn 
gemäß § 615 BG#B. zur Gehaltszahlung. Die Unmöglichkeit da- 
gegen hebt, soweit sie unverschuldet ist, das Vertragsverhältnis auf 
ohne die Verpflichtung zur Gehaltszahlung. Dieser Fall ist z. B. 
gegeben, wenn der Gehilfe zur Dienstleistung im feindlichen Aus- 
land angenommen war oder in solchen Gegenden des Inlands, 
in denen „durch militärische Maßnahmen die Dienstleistung ver- 
hindert wird.“#) Unmöglich ist die Leistung auch dann, wenn 
82) G.= u. GK. XX Nr. 1 S. 26. 
88) Baum, Einfluß S. 817.
	        
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