Full text: Der Einfluß des Krieges auf die Hauptverträge des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

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unsere Regierung Vergeltungsmaßregeln gegen die Angehörigen 
der feindlichen Staaten anordnen würde. Diese Hoffnung hat 
sich nicht erfüllt. So müssen wir denn versuchen, auf einem 
anderen Wege zu einem befriedigenden Ergebnis zu kommen, und 
hier hilft uns allem Widerspruch der Gegner zum Trotz gerade 
die Anwendung des „wichtigen Grundes“). Die Staatsangehörig- 
keit ist nirgends als solcher im Gesetz angeführt, aber — auch 
nirgends ausgeschlossen. Im § 626 BGB. wird nur ganz all- 
gemein vom „wichtigen Grund“ gesprochen, im § 72 HG. heißt 
es: „als wichtiger Geuund ist es .... . namentlich an— 
zusehen“, und im § 133b G. steht: „wenn ein wichtiger, nach 
den Umständen des Falles die Aufhebung rechtfertigender Grund 
vorliegt.“ Es wird damit dem freien richterlichen Ermessen ein 
weiter Spielraum gelassen, und es steht demnach keine gesetzliche 
Bestimmung im Wege, die feindliche Staatsangehörigkeit als 
wichtigen Grund anzunehmen. Bei der Begriffsabgrenzung des 
wichtigen Grundes forderten wir oben das Vorhandensein von 
Umständen, unter denen dem vom Vertrag Zurücktretenden die 
Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nach verständigem Ermessen 
nicht zugemutet werden kann. 
Für einzelne Fälle wollen dies Mantel und Meyerstein an- 
erkennen: ersterer, wenn der Angestellte „echt wahre“ Reuter- 
oder Havasmeldungen im Geschäft anklebe oder verbreite, letzterer, 
wenn der Dienstverpflichtete durch sein Benehmen das völkische 
Empfinden der Mitarbeiter oder des Prinzipals verletze. Daß 
hier ein wichtiger Grund vorliegt, kann überhaupt nicht bezweifelt 
werden; denn in dem angegebenen Verhalten ist eine „erhebliche 
Ehrverletzung“ im Sinne des § 72 Ziff. 4 H#GB. zu erblicken, die 
ohne weiteres zur sofortigen Entlassung berechtigt. 
Aber es kann auch keinem Zweifel unterliegen, daß gerade in 
diesem Kriege gegen diese Feinde die feindliche Staatsangehörigkeit 
als solche Grund genug ist, um dem Ausländer fristlos zu kündigen. 
Wenn man bedenkt, in welch schmachvoller Weise die Feinde 
unsere deutschen Brüder behandelt haben: sofortige Entlassung, 
Einsperrung, ungenügende Nahrung; wenn man an belgische oder 
  
*) Ebenso Niese, dessen Aufsatz „Entlassung von Handlungsgehilfen wegen 
Zugehörigkeit zu einem feindlichen Staate“ in G.= u. KG. XX, 4, mir erst bei 
der Drucklegung dieser Arbeit zu Gesicht kam.
	        
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