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russische Scheußlichkeiten denkt: Augenausstechen usw., dann kann
man keinem wahrhaft deutsch Fühlenden mehr zumuten, einen
Angehörigen dieser Völker im Dienst zu behalten, ihm ein Fort-
kommen zu bieten, man kann aber auch nicht verlangen, daß er
noch die gesetzliche oder vertragliche Kündigungsfrist einhält und
sein gutes deutsches Geld, das wahrlich zu Besserem verwandt
werden kann, solchen Leuten gibt. Meyerstein verkennt voll-
kommen die Sachlage, wenn er behauptet: „Der deutsche Richter
hat die Aufgabe, das Recht zu finden und Recht zu sprechen;
es ist nicht seines Amtes, im Gegensatz zum Gesetze poli-
tischen Erwägungen Geltung zu verschaffen.“ Nicht um
politische Erwägungen handelt es sich bei der Entlassung feindlicher
Ausländer, sondern um die Betätigung des höchsten und
edelsten Gefühls, der vaterländischen Gesinnung. Und es
muß Meyerstein aufs schärfste widersprochen werden, wenn er
darin das Wirken eines „verblendeten Chauvinismus"“ sieht. Er
führt als Beispiel einen Russen an, der nur noch „formell“ zu
Rußland gehört, aber vielleicht nicht einmal mehr richtig die russische
Sprache beherrscht und die geistige Fühlung mit dem Zarenreiche
verloren, es jedoch in Friedenszeiten versäumt hat, sich die deutsche
Staatsangehörigkeit zu erwerben. Hierauf gibt es nur eine Ant-
wort: Weshalb hat er das unterlassen? Die Gründe sind ja so
mannigfach: Vielleicht hat er sich gesagt, daß der Deutsche bei
seiner bedauerlichen Sucht nach dem Ausländischen einen russischen
Violinspieler lieber hört als einen deutschen, vielleicht hat er ge-
dacht, als eingebürgerter Deutscher hätte er mehr Pflichten und
Lasten zu tragen, wer kennt seine Gedanken? Derartige Leute
will Meyerstein geschützt wissen? Nein, niemals kann man einem
Deutschen unter den jetzigen Verhältnissen zumuten, mit einem
Feind des eigenen Landes zusammen zu arbeiten.
Es mag zunächst vielleicht sonderbar erscheinen, einem Gefühl
einen so starken Einfluß auf Vertragsverhältnisse zu gewähren.
Doch haben wir hier schon genügend Beispiele im Gesetz. Nach
8 72 HGB. kann der Handlungsgehilfe fristlos entlassen werden,
wenn er im Dienste untreu ist oder sich erhebliche Ehrverletzungen
gegen den Geschäftsherrn zuschulden kommen läßt. Die Treue
und die Ehre werden also geschützt, und das Strafgesetzbuch läßt
auch dem Gefühl der Ehrfurcht gegenüber Verstorbenen seinen