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den Krieg als „Unglück“ zu bezeichnen. Doch nicht der Krieg
als solcher reißt die Angestellten von ihrem Posten weg, das lehrt
uns ein Blick auf die große Menge der Beamten und Angestellten,
die noch jetzt in unserem Lande ihre Amter versorgen. Erst die
Einberufung09) läßt das bürgerliche Gewand mit dem militärischen
vertauschen, erst sie löst das bisherige Arbeitsverhältnis. So spitzt
sich denn die Untersuchung auf die Frage zu: Kann die Ein-
berufung zum Heeresdienst als „Unglück“ angesehen werden?
Nur ein glattes Nein! kann hierauf die Antwort sein. Nicht jede
unvorhergesehene Tatsache, die den Gehilfen brotlos macht, er-
füllt den Begriff „Unglück“. „Es muß sich vielmehr um eine
Tatsache handeln, die nach den sozialen Anschauungen der Ge-
samtheit, nicht bloß der Kreise der Handlungsgehilfen, als eine
für den Betroffenen unglückliche erscheint./15:) Und es muß, wie
Staubies) sagt, ein wirkliches Unglück, ein Leid, dem Gehilfen
zugestoßen sein. Das ist der Sinn der Bestimmung des § 63 HGB.
Zweifellos geht dies auch aus der Entstehungsgeschichte hervor.
In der Denkschrift zum HGB. Abs. 1 S. 62 heißt es: Wenn der
Handlungsgehilfe nicht durch unverschuldetes Unglück, sondern aus
einem anderen von ihm nicht verschuldeten Grunde (Einberufungl)
an der Verrichtung seiner Dienste verhindert werde, so sei § 616
BeB. anzuwenden; der Gehilfe könne also die Fortzahlung des
Gehalts verlangen, wenn er nur eine verhältnismäßig nicht er-
hebliche Zeit verhindert sei. „Vermöge dieser Bestimmung wird
der Handlungsgehilfe namentlich in der Lage sein, während einer
Behinderung, die durch kurze militärische Dienstleistungen oder
durch die Erfüllung sonstiger militärischer Verpflichtungen von
vorübergehender Dauer veranlaßt ist, das Gehalt weiter zu beziehen.
Ihm dieses Recht auch bei länger dauernden Abhaltungen der
bezeichneten Art, insbesondere bei der Einberufung zu militärischen
Übungen für die Zeit von sechs oder acht Wochen, zuzusprechen,
erscheint in Anbetracht der erheblichen Belastung, die hieraus für
die kleineren Gewerbetreibenden entstehen würde, nicht an-
gängig.“uo#) Es wurde sogar bei den Beratungen der Antrag
106) Dies. Ans. bei Neukamp u. Baum im Sonderbl. d. V.D. H., Sp. 129/130.
107) Lehmann-Ring, aaO. § 63 Anm. 2.
108) Komm. z. HG. § 63 Anm. 1a.
09) Abgedruckt in G.= u. GK. XX, Nr. 2, S. 70.