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Mitte reckt er sich in steilen Wänden empor, und oben schließt er
mit breiter, zerrissener Platte ab. Das ist die Grundform eines
Tafelberges, deren viele sich mit unersteigbaren Flanken aus dem
Gebirgsgrunde recken. Einfach und doch wunderbar gebildet, streckt
sich anch die Bastei vor unsern Angen auf. Gegen 200 m hebt
sie sich als starke Felsensäule am rechten Ufer der Elbe auf, hat
Quader auf Quader getürmt und wölbt sich oben zu einer breiten
Krone, die ein Geländer umgibt, von dem aus wir in die Tiefe
des nahen Elbtales blicken. Das ist einer der gewaltigen Felsen-
türme, die wie Festungszinnen überall dem Gebirge entsteigen.
Einfach und doch wunderbar ist anch der Kuhstall geformt. Er
bildet ein großes Gewölbe, vom Wasser durch einen mächtigen Felsen
geschlagen. Die Höhlung öffnet sich nach zwei Seiten hin und
diente den Bewohnern des Gebirges mit ihren Haustieren als Zu-
fluchtsort, als im dreißigjährigen Kriege raubende Horden durch die
Berge zogen. Dergleichen Höhlen durchsetzen anuch an andern Stellen
vielfach die Steinmassen des Gebirges. Einfach und wunderbar
baut sich weiter das Prebischtor an der Grenze des sächsischen
Landes auf. Von einer Felsenwand reicht eine Platte bis zu einem
Felsenpfosten hinüber, so daß sich eine brückenartige Wölbung bildet.
Das ist eine der Naturpforten, durch die mit sicheren Flügeln
die Winde schweben. Einfach und doch wunderbar ist auch die tiefe
Schlucht gebildet, welche uns von Wehlen durch ein Felsentor nach
dem Höhendorfe Uttewalde führt. Schaurig windet sich hier das
Tal zwischen den felsigen Wänden. Drohend hängen riesige Stein-
köpfe von der Höhe hernieder, und unförmige Blöcke, tief unter-
waschen und vielfach durchhöhlt, sperren den Weg. Das ist einer
der vielen „Gründe“, die das ganze Gebirge so wild zerreißen.
Am wunderbarsten sind aber doch die felsigen Gestalten, die als
Mauern oder Burgen, als Kelche oder Särge, als Tier-
formen oder menschliche Figuren auf Schritt und Tritt in
dem Gebirge nus begegnen und für unsere Einbildungskraft zu
Abbildern wirklicher Lebensformen werden. Durch Tafelberge
und Türme, durch Höhlen und Tore, durch Gründe und
Steinfiguren gewährt nus das Elbsandsteingebirge
ein so reiches Formenbild, daß wir es wohl als Wunder-
land bezeichnen dürfen.
1. Und diese formenreiche Gesteinswelt ist nicht tot, sondern
von Natur schon vielfach mit Leben durchwärmt. Das erste be-
lebende Element bringt das Wasser in die Berge. Es dringt aus
dem Boden der feuchten Schluchten, rinnt als Bach mit klarem
Auge über den flüchtigen Sand, verbirgt sich in Rissen hinter unter-
wühltem Gestein und springt im Wasserfall silberhell über steinerne
Stufen (Amselfall 10 m hoch) herab. Eine noch größere Wasser-
fülle als die eingeborenen Bäche des Gebirges führen diejenigen
Flüsse durch die Talrinnen, die jenseits der sächsischen Grenze (Biela,