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gehegt werden. An der Rückseite des Wafserpalais erheben sich noch
ein Garten- und ein Bergschloß, Wirtschaftsgebäude und Stallungen
für die Pferde. Ein großer Park, in dessen Teichen Karpfen von
hohem Alter schwimmen, und in dem ein hoher Kamelienstrauch im
Freien gedeiht, umschließt den Schloßhof. Das ist ein Sommerfitz
nnserer Königsfamilie, den sie aufsucht, wenn sie nicht in der ein-
fachschmucken Villa zu Dresden-Strehlen (am Großen Garten) weilt.
Weiter abwärts breiten sich Blasewitz und Loschwitz links und
rechts an der Elbterrasse aus. Wie heiter blicken dort die weißen
Landhäuser aus Rebstöcken und Obstbäumen hervor! Wie beleben
sich die Höhen, wenn das Dampfschiff landet und die Sonntagsgäste
auf die Berge pilgern! Eine Flagge mit goldenem S. weht grüßend
dort auf hoher Stange! Wir stehen an einem kleinen Weinbergs-
häuschen, in dem vor hundert Jahren unser Dichter Schiller wohnte.
Von dem bunten Farbenspiele des Herbstes wurde sein Herz ergriffen.
Wonne hob seine Brust, und seinen Lippen entströmte das Lied:
„Freude, schöner Götterfunken" —. Sein Geist aber schwang sich
(in dem Don Carlos), angeregt durch die herrliche Landschaft und
das geordnete Bürgerleben des Elbtales, zu der dichterischen Ver-
herrlichung eines glücklichen Staatslebens empor. Das ist der
breite Gürtel, den die Elbe oberhalb Dresdens bildet,
mit Blumen und Früchten am Saume, mit Pillnitz und
Loschwitz als Perlen geschmückt.
4. Unterhalb Dresdens scheinen die hohen Uferränder den Strom
ganz fliehen zu wollen. In weitem Bogen ziehen fie um ihn her
und nähern sich erst an der Stelle wieder, wo die Berliner Bahn
(bei Niederwartha) die Elbe überschreitet. In dem weiten Ufer-
gelände ziehen sich sandige Feldstreifen hin, auf denen neben Weizen
anch Gemüse und Wein gedeihen. Auch die rechtsseitige Uferhöhe
ist vollständig mit Reben bepflanzt, obgleich sie von der Ferne grau
und kahl erscheint. Die größere Steilheit der Gehäuge fordert hier
zum Aufbau künstlicher Terrassen auf, die durch Manerzeilen ge-
tragen werden. Die Stufen sind so eng, daß der Winzer seine
Weinstöcke durch Einpflanzung von Obstbäumen oder Beerensträuchern
nicht zu verdämmen wagt, und daß Wohnhänser auf ihnen keine
Stelle finden, sondern nur kleinere Wachthäuschen ans dem Weinlanbe
blicken. Sorglich gepflegt, breiten sich hier auch in größeren Gärten
die Königlichen Weinberge aus, deren Trauben eine „Presse“ zu
einheimischem Champagner keltert. Am Fuße der rebenreichen Höhe
ziehen sich die langgezogenen Villendörfer der „Lößnitz“ (Ober-,
Hof= und Niederlößnitz, Serkowitz und Radebenl) hin. Die Feld-
marken, welche sich bisher noch zungenartig zwischen die Häuser der
Dörfer streckten, werden in Frucht= und Lustgärten verwandelt und
müssen schmuckvolle Landhäuser tragen. Blumenbeete glänzen in
anmutiger Färbung vor den Fenstern, blütenschwer hängt der Flieder-
strauch über das Gemäuer, die Rose blüht auf schwankem Bäunchen,
und Waldrebe oder wilder Wein winden sich an den Säulen der