Full text: Landeskunde des Königreiches Sachsen. Ausgabe A.

— 170 — 
gehegt werden. An der Rückseite des Wafserpalais erheben sich noch 
ein Garten- und ein Bergschloß, Wirtschaftsgebäude und Stallungen 
für die Pferde. Ein großer Park, in dessen Teichen Karpfen von 
hohem Alter schwimmen, und in dem ein hoher Kamelienstrauch im 
Freien gedeiht, umschließt den Schloßhof. Das ist ein Sommerfitz 
nnserer Königsfamilie, den sie aufsucht, wenn sie nicht in der ein- 
fachschmucken Villa zu Dresden-Strehlen (am Großen Garten) weilt. 
Weiter abwärts breiten sich Blasewitz und Loschwitz links und 
rechts an der Elbterrasse aus. Wie heiter blicken dort die weißen 
Landhäuser aus Rebstöcken und Obstbäumen hervor! Wie beleben 
sich die Höhen, wenn das Dampfschiff landet und die Sonntagsgäste 
auf die Berge pilgern! Eine Flagge mit goldenem S. weht grüßend 
dort auf hoher Stange! Wir stehen an einem kleinen Weinbergs- 
häuschen, in dem vor hundert Jahren unser Dichter Schiller wohnte. 
Von dem bunten Farbenspiele des Herbstes wurde sein Herz ergriffen. 
Wonne hob seine Brust, und seinen Lippen entströmte das Lied: 
„Freude, schöner Götterfunken" —. Sein Geist aber schwang sich 
(in dem Don Carlos), angeregt durch die herrliche Landschaft und 
das geordnete Bürgerleben des Elbtales, zu der dichterischen Ver- 
herrlichung eines glücklichen Staatslebens empor. Das ist der 
breite Gürtel, den die Elbe oberhalb Dresdens bildet, 
mit Blumen und Früchten am Saume, mit Pillnitz und 
Loschwitz als Perlen geschmückt. 
4. Unterhalb Dresdens scheinen die hohen Uferränder den Strom 
ganz fliehen zu wollen. In weitem Bogen ziehen fie um ihn her 
und nähern sich erst an der Stelle wieder, wo die Berliner Bahn 
(bei Niederwartha) die Elbe überschreitet. In dem weiten Ufer- 
gelände ziehen sich sandige Feldstreifen hin, auf denen neben Weizen 
anch Gemüse und Wein gedeihen. Auch die rechtsseitige Uferhöhe 
ist vollständig mit Reben bepflanzt, obgleich sie von der Ferne grau 
und kahl erscheint. Die größere Steilheit der Gehäuge fordert hier 
zum Aufbau künstlicher Terrassen auf, die durch Manerzeilen ge- 
tragen werden. Die Stufen sind so eng, daß der Winzer seine 
Weinstöcke durch Einpflanzung von Obstbäumen oder Beerensträuchern 
nicht zu verdämmen wagt, und daß Wohnhänser auf ihnen keine 
Stelle finden, sondern nur kleinere Wachthäuschen ans dem Weinlanbe 
blicken. Sorglich gepflegt, breiten sich hier auch in größeren Gärten 
die Königlichen Weinberge aus, deren Trauben eine „Presse“ zu 
einheimischem Champagner keltert. Am Fuße der rebenreichen Höhe 
ziehen sich die langgezogenen Villendörfer der „Lößnitz“ (Ober-, 
Hof= und Niederlößnitz, Serkowitz und Radebenl) hin. Die Feld- 
marken, welche sich bisher noch zungenartig zwischen die Häuser der 
Dörfer streckten, werden in Frucht= und Lustgärten verwandelt und 
müssen schmuckvolle Landhäuser tragen. Blumenbeete glänzen in 
anmutiger Färbung vor den Fenstern, blütenschwer hängt der Flieder- 
strauch über das Gemäuer, die Rose blüht auf schwankem Bäunchen, 
und Waldrebe oder wilder Wein winden sich an den Säulen der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.