Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

4 Allgemeine Einleitung. 
einem Bundesstaat. In beiden Fällen treten die vereinigten 
Staaten dritten Staaten gegenüber als ein völkerrechtliches 
Ganzes auf, ausgestattet mit ständigen Einrichtungen zur Er- 
reichung des Bundeszweckes und unter einer Zentralgewalt 
vereinigt. Der Unterschied dagegen ist folgender: Im 
Staatenbund bleiben die einzelnen Staaten in ihren staat- 
lichen Rechten völlig uneingeschränkt, der durch Vereinigung 
der Staaten geschaffene Zentralstaat steht nicht über ihnen. 
Anders im Bundesstaat: In diesem gibt es nicht nur 
Einzelstaaten, sondern darüber auch einen völlig ausgebauten 
Gesamtstaat. Die Bundesgewalt hat ihre eigenen Behörden 
und steht als Oberhaupt über den einzelnen Staatsregierungen, 
welche in ihrer staatlichen Selbständigkeit zum Nutzen des 
Gesamtstaates mehr oder weniger beschränkt werden. Der 
Bundesstaat schlingt also um die Untertanen der einzelnen 
Staaten ein nationales Band, er vertritt das vereinigte Volk. 
Der Staatenbund — wie der vormalige Deutsche Bund — 
ist somit im wesentlichen nur eine politische Genossenschaft ohne 
festen inneren Halt, die Zentralgewalt ist machtlos; der 
Bundesstaat dagegen — wie das Deutsche Reich —, welcher 
die Bildung eines einheitlichen, mächtigen, nationalen Gesamt- 
reiches ermöglicht, ist ein wirklicher Staat. Diese Staatsform 
verdient daher den Vorzug vor dem Staatenbunde. 
Weitere besondere Formen der zusammengesetzten Staaten 
sind endlich die Personalunion und die Realunion. Jene 
liegt vor, wenn mehrere selbständige Einzelstaaten unter dem- 
selben Fürsten infolge zufälliger Übereinstimmung der 
Thronfolgeordnungen vereinigt sind; die Vereinigung ist daher 
in der Regel vorübergehend. So standen das Königreich 
der Niederlande und das zum Deutschen Zollvereine gehörende 
Großherzogtum Luxemburg zu einander im Verhältnis der 
Personalunion, welche mit dem Ableben des Königs Wilhelm III. 
der Niederlande 1890 entfiel; so war zur Zeit der Reformation
	        
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