Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

V. Geschichte der Preußischen Verfassung. 113 
den zum „Vereinigten Landtage“ zusammengetretenen beiden 
Körperschaften nicht gewährt war. 
Unter dem Eindrucke der freiheitlichen Bewegung, welche 
sich im Jahre 1848 in allen Ländern regte, erklärte sich der 
König bereit, eine freisinnige Verfassung zu geben. Trotzdem 
wurden die bekannten traurigen Ereignisse des 18. März 1848 
nicht verhindert. Nachdem der demnächst zusammengetretene 
Vereinigte Landtag ein Wahlgesetz zur Berufung einer konsti- 
tuierenden Nationalversammlung festgestellt hatte, trat diese 
auch alsbald zusammen (im Mai 1848). Die Versammlung 
wurde aber nach einiger Zeit wieder aufgelöst, ohne daß sie 
den ihr vorgelegten „Entwurf eines Verfassungsgesetzes für den 
Preußischen Staat“ vollständig durchberaten hatte. Die Krone 
sah sich daher veranlaßt, im Dezember 1848 einseitig eine Ver- 
fassungsurkunde in Kraft zu setzen (oktroyieren) und diese 
den alsbald zusammenberusenen Kammern zum Zwecke der Nach- 
prüfung auf dem Wege der Gesetzgebung vorzulegen. Noch 
vor deren Abschluß erfolgte indessen eine neue Auflösung 
der Zweiten Kammer. Nunmehr wurde auch ein neues 
Wahlgesetz oktroyiert, wodurch dann endlich eine den Wünschen 
der Regierung geneigte Zweite Kammer erzielt wurde. Aus 
den Beratungen beider Kammern ging sodann der Verfassungs- 
entwurf an die Krone. Diese legte den Kammern darauf die 
für wünschenswert erachteten Abänderungen und Ergänzungen 
vor, welche auch im wesentlichen zur Annahme gelangten. Die 
solchergestalt „revidierte Verfassungsurkunde“ wurde vom Könige 
unter dem 31. Januar 1850 genehmigt und als „Staatsgrund- 
gesetz“ durch die Gesetzsammlung veröffentlicht. Die Verfassung 
ist also durch Vereinbarung zwischen der Krone und den das 
breußische Volk vertretenden beiden Kammern festgestellt worden. 
In den nächsten Jahren erfuhr die Verfassung mehrfache 
Abänderungen, insbesondere wurde die Zusammensetzung der 
Ersten Kammer geändert.
	        
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