6 Allgemeine Einleitung.
a) Den Gerichtsbehörden liegt die eigentliche Recht—
sprechung ob; der Richter ist in seiner Entscheidung lediglich
an die Bestimmung der Gesetze gebunden, und es kann niemand,
also namentlich auch weder das Staatsoberhaupt noch der
Justizminister, ihm vorschreiben, wie er einen bestimmten Fall
zu entscheiden hat. Die richterliche Tätigkeit erstreckt sich auf
die Strafrechtspflege und das bürgerliche Recht, das die
Lebensverhältnisse der Einzelnen untereinander ordnet (Privat—
recht). Gegenstand des Privatrechts sind aber entweder Ver-
mögens= oder Familienrechte. Demnach muß auch der
Staat als Fiskus im ordentlichen Gerichtsverfahren Recht geben
und nehmen, sobald es sich um vermögensrechtliche Ansprüche
handelt.
b) Den Verwaltungsbehörden liegen die Organi-
sation des Staates sowie alle Einrichtungen und Maßregeln
ob, welche die Bedürfnisse des staatlichen Lebens erheischen.
Ihre Tätigkeit erstreckt sich auf alle Gebiete des öffentlichen
Rechtes, das die Stellung des Einzelnen zur Gesamtheit
des Staates regelt. Für die Anordnungen und Entscheidungen
der Verwaltungsbehörden sind nicht ausschließlich, wie bei den
Gerichtsbehörden, die Vorschriften des Rechtes, sondern daneben
auch die Grundsätze der Billigkeit, der Zweckmäßigkeit und des
öffentlichen Wohles maßgebend. Die Grundsätze, nach denen
die Verwaltung gehandhabt werden soll, sind gewöhnlich in
Verordnungen niedergelegt, welche zur Ausführung der
Gesetze erlassen werden. Die Verordnungen dürfen also nicht
in das Gebiet der Gesetzgebung übergreifen und geltenden
gesetzlichen Bestimmungen nicht widersprechen.
Siehe im übrigen bei VII 6 Prenßisches Justizministerium
S. 189 und VII 7 Preußisches Ministerium des Innern
S. 209.