122 VI. Die Preußische Verfassung.
Königs zu vertreten; aber sie bleiben „Regierungsakte des Königs,
aus dessen selbständiger Entschließung sie hervorgehen, und der
seine Willensmeinung durch sie verfassungsmäßig ausdrückt“.
(Allerhöchster Erlaß vom 4. Januar 1882, s. Anh. S. 33.)
Durch die Gegenzeichnung übernimmt der Minister die Verant-
wortung, denn „die Person des Königs ist unverletzlich“, wie
Artilel 43 besagt. Der König ist also nur Gott und seinem
Gewissen wegen seiner Regierung verantwortlich und kann wegen
keiner seiner Handlungen oder Unterlassungen vor Gericht ge-
zogen werden. Der König beruft die Kammern und schließt
deren Sitzungen, er ordnet die Veröffentlichung der Gesetze
an und erläßt die zu deren Ausführung nötigen Verord-
nungen (s. S. 6), er übt das Recht der Begnadigung und der
Strafmilderung und verleiht Orden sowie andere Auszeichnungen.
3. Vom Landtage.
(Artikel 62—85. Titel V. Von den Kammern.)
Die verfassungsmäßige Vertretung der Staatsbürger ist
der Landtag. Derselbe ist aus zwei Kammern zusammen-
gesetzt (das sog. Zweikammersystem, s. S. 54), denen
seit dem Jahre 1855 (Gesetz vom 30. Mai 1855) gesetzlich die
Namen „Herrenhaus“ für die Erste Kammer und „Haus der
Abgeordneten“ für die Zweite Kammer beigelegt sind.
A. Die Zusammensetzung des Herrenhauses.
Die ursprünglich in der Verfassung vorgesehene Zusammen-
setzung der Ersten Kammer, welche zum Teil auf Wahlen
beruhte, ist durch das Gesetz vom 7. Mai 1853 (GS. S. 181)
aufgehoben und dafür bestimmt worden, daß die Erste Kammer
durch Königliche Anordnung gebildet werden sollte (Artikel 65
bis 68). Die Mitglieder sollten dabei entweder mit erblicher
Berechtigung oder auf Lebenszeit berufen werden. Nach der
am 12. Oktober 1854 (GS. S. 541) erlassenen Königlichen