3. Vom Landtage. 127
eröffnet, vertagt und geschlossen. Beide Häuser haben, wie
der Reichstag (s. S. 60), das Recht, Eingaben entgegenzu-
nehmen, Anfragen an die Regierung und schriftliche
Ansprachen an den König zu richten — letztere, um Wünsche,
Vorstellungen und Beschwerden vorzutragen — sowie zu
eigener Belehrung Untersuchungsausschüsse zwecks Erhebung
von Tatsachen einzusetzen (Art. 82). Dieses Recht der
Prüfung (Enquête) steht dem Reichstage nicht zu.
Die Sitzungen beider Häuser sind öffentlich; auch können
die Mitglieder beider Häuser, wie die Mitglieder des Reichs-
tages, für ihre Reden im Hause nur innerhalb des Hauses
zur Rechenschaft gezogen werden. Wird also ein Nichtabgeord-
neter in einer der beiden Kammern öffentlich beleidigt oder
verleumdet, so hat er nicht das Recht, das betreffende Mit-
glied vor den ordentlichen Gerichten zu belangen. Die Be-
schlüsse in beiden Häusern werden mit einfacher (absoluter)
Stimmenmehrheit gefaßt. Diese genügt auch für Verfassungs-
änderungen, nur haben zwei Abstimmungen zu erfolgen,
zwischen denen ein Zeitraum von mindestens 21 Tagen liegen
muß (Artikel 107):; sie sind daher wesentlich erschwerter als im
Reiche, für das eine einmalige Abstimmung genügt (Art. 78 R. V.).
Im übrigen berät und beschließt jede Kammer für sich in
getrennter Sitzung. Nur in besonderen Fällen, z. B. wenn
sie eröffnet oder geschlossen werden, oder wenn sie einen
Regenten wählen, vereinigen sich beide Häuser zu gemeinsamer
Sitzung.
D. Die Rechte der beiden Häuser.
Die Rechte der beiden Häuser sind besonders:
a. die Zustimmung zu allen Gesetzen, die Preußen allein
betreffen; b. die Nachprüfung des jährlichen Staatshaus-
halts sowie die Überwachung der Finanzverwaltung; c. das
Recht der Mitwirkung bei der Aufnahme von Staats-
9*