Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

138 VI. Die Preußische Verfassung. 
zeit- und distriktweise, außer Kraft gesetzt werden. Es geschieht 
dies für den Fall eines Krieges in den vom Feinde bedrohten 
Provinzen, sowie für den Fall eines Aufruhrs bei dringender 
Gefahr für die öffentliche Sicherheit. In diesem Falle wird 
der Belagerungszustand erklärt. Ist derselbe durch öffent- 
lichen Aufruf bei Trommelschlag oder Trompetenschall bekannt 
gemacht, so geht die ganze vollziehende Gewalt an den Militär- 
befehlshaber über, dem alle Zivil-, Verwaltungs= und Gemeinde- 
behörden zu gehorchen haben. Es treten dann für solche Ver- 
gehen, welche die befürchtete Gefahr herbeiführen oder erhöhen, 
besonders verschärfte Strafen ein; auch können an Stelle der 
ordentlichen Gerichte außerordentliche Kriegsgerichte eingesetzt 
werden, die aus Offizieren und Zivilrichtern zusammengesetzt sind 
und über alle schweren Verbrechen und Vergehen, auch der Zivil- 
personen, aburteilen, auch können diese in Schutzhaft genommen 
werden. Das hierüber ergangene Gesetz vom 4. Juni 1851 
(GS. 1851 S. 451 „über den Belagerungszustand") gilt mit 
der Abänderung des Reichsgesetzes vom 11. Dezember 1915 
(Rl. 813) nach Art. 68 der Reichsverfassung auch für das 
Reich, wenn der Kaiser irgend einen Teil des deutschen Reichs- 
gebietes in Kriegszustand erklärt. (Siehe auch S. 48.) 
Im Sinne dieser Bestimmung wurde durch Verordnung 
vom 31. Juli 1914 bei Kriegsbeginn das Reichsgebiet in den 
Kriegszustand erklärt. (ReBl. 263.) 
Abgesehen von diesem Ausnahmefalle ist nach Art. 36 der 
Preußischen Verfassung die bewaffnete Macht zur Unterdrückung 
innerer Unruhen und zur Ausführung der Gesetze nur auf 
Anrufung der Zivilbehörden zu verwenden. Finden bei 
einer Zusammenrottung oder einem Auflaufe von Menschen 
Beschädigungen des Eigentums oder Verletzungen von 
Personen statt, so haftet die Gemeinde für den dadurch ver- 
ursachten Schaden (Gesetz vom 11. März 1850, GS. S. 199). 
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