140 VII. Die Verwaltung des Preußischen Staates.
direktor oder Landeshauptmann als der oberste Beamte der
provinziellen Selbstverwaltung).
A. Die Minister.
An der Spitze der Verwaltung stehen die Minister als oberste
Staatsbeamte. Sie werden von dem Könige nach eigener freier
Entschließung ohne den Vorschlag einer Behörde oder der Volks-
vertretung berufen; ein politisches Gewohnheitsrecht, wie z. B.
in England, daß sie der jeweiligen Mehrheit (Majoritätspartei)
des Landtages anzugehören haben, besteht nicht (s. S. 117).
Jeder Minister leitet die ihm anvertraute Verwaltung selbständig
unter unmittelbarer Verantwortlichkeit gegen den König. Als
oberste Leiter der Zentralverwaltung haben die Minister
innerhalb ihrer Zuständigkeit (Ressort):
1. die zur Durchführung der Gesetze erforderlichen Anordnungen
und „Ausführungsbestimmungen“ zu erlassen, allgemeine
Vorschriften über die Grundsätze der Verwaltung zu
erteilen und deren Befolgung zu überwachen;
2. die oberste dienstliche Aufsicht über alle ihrer Verwaltung
zugehörigen Beamten zu führen und die erforderlichen all-
gemeinen Dienstanweisungen und Verfügungen, soweit diese
nicht dem Staatsministerium vorbehalten sind, zu erlassen.
Das Verhältnis der Minister zu den beiden Häusern
des Landtages regeln die Artikel 60 und 61 der Verfassung.
Hiernach haben die Minister Zutritt zu jeder Kammer und
sind auf ihr Verlangen jederzeit zu hören; auch kann jede
Kammer die Gegenwart der Minister verlangen. Sie sind
für ihre Handlungen nicht bloß dem Könige, sondern auch der
Volksvertretung verantwortlich.
Die Minister können durch Beschluß jeder Kammer wegen
des Verbrechens der Verfassungsverletzung, der Bestechung und
des Verrates angeklagt werden (Art. 61); ein besonderes
Gesetz über die Ministerverantwortlichkeit fehlt aber noch.