I. Geschichte der Versaffung des Deutschen Reiches. 9
Schleswig und Holstein waren vertragsmäßig durch Personal-
union (s. S. 4) mit der Krone Dänemark verbunden gewesen;
nach dem Tode des Königs Friedrich VII. von Dänemark wurden
sie im Jahre 1864 durch Osterreich und Preußen im Wege der
„Bundesexekution“ gemeinsam besetzt, und es entbrannte darauf
über die zukünftige Gestaltung der Elbherzogtümer, insbesondere
über die Erbfolge, ein offener Streit. Während Preußen die
Herzogtümer für sich in Anspruch nahm, wollten Osterreich und
der größte Teil der deutschen Mittelstaaten den Herzog von
Augustenburg als Herrscher anerkennen.
Ssterreich wußte daher, als im Jahre 1866 der Krieg aus-
zubrechen drohte, den Bund auf seine Seite zu ziehen und
beschloß die Mehrheit der Bundesversammlung am 14. Juni 1866
die sieben nichtpreußischen Bundesarmeekorps auf Kriegsfuß
zu setzen. Der preußische Gesandte von Savigny erklärte
dagegen, daß diese Abstimmung einer Kriegserklärung gleich-
käme und Preußen den bisherigen Bundesvertrag für ge-
brochen und erloschen ansehe. Zugleich wurden die Grundzüge
eines neuen, „den Zeitverhältnissen entsprechenden“ Bundesver-
trages vorgelegt, der Osterreich ausschloß und eine starke Einheits-
spitze sowie ein deutsches Volksparlament vorsah. Auch wurden
die einzelnen norddeutschen Staaten, insbesondere Sachsen, Han-
nover und Kurhessen, zur unbewaffneten Neutralität und zum
Beitritt zu diesem neuen Bunde aufgefordert und ihnen da-
gegen ihr Besitzstand und ihr staatlicher Fortbestand gewährleistet.
Als dies abgelehnt wurde, besetzte Preußen diese Länder.
Zuu gleicher Zeit (Juni 1866) begann der Krieg gegen
Osterreich; ihm bereiteten die Entscheidungsschlacht von König-
grätz am 3. Juli und der Nicolsburger Vorfriede vom
26. Juli 1866 rasch ein Ende. Osterreich erkannte im
Prager Frieden (30. August 1866) die Auflösung des Deutschen
Bundes an und erteilte zur Neugestaltung Deutschlands durch
Preußen ohne Osterreich seine Zustimmung. Es versprach ferner,