Full text: Die Verfassung und Verwaltung des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates in gedrängter Darstellung.

4. Das Landwirtschaftsministerium. 167 
Abhängigkeit des Bauernstandes von den Gutsherren — Leib— 
eigenschaft oder Gutsuntertänigkeit — gegen Entschädigung der 
letzteren durch Land oder Leistungen der Bauern aufgehoben hat. 
Die Bauern wurden erbliche Besitzer ihrer Höfe, und es wurde 
vorgesehen, daß die bäuerlichen Leistungen und etwaigen guts- 
herrlichen Gegenleistungen abgelöst werden sollten. Diese 
Leistungen — bestehend meistens in Diensten, Zehnten, Natural= 
lieferungen — werden Reallasten genannt; die Abfindung des 
Berechtigten soll in der Regel überall durch Rente erfolgen; 
hierzu wird der Geldwert der Reallast ermittelt und diese in 
eine Geldrente umgewandelt. Um die Ablösung zu befördern, 
sind in den Provinzen besondere Rentenbanken errichtet. 
Die Rentenbanken kapitalisieren die Geldrente und zahlen das 
Kapital an den Gutsbesitzer in allmählich zu tilgenden Schuld- 
verschreibungen (Rentenbriefen) aus. Dafür tritt die Rentenbank 
in das Recht der Erhebung der jährlichen Rente ein, das Rechts- 
verhältnis zwischen dem bisherigen Berechtigten und dem Ver- 
pflichteten wird völlig gelöst. Die Bank bezieht nun die Geldrente 
von dem Eigentümer des abgelösten Grundstückes so lange fort, als 
dies zur Zahlung der Zinsen der Rentenbriefe und zu deren all- 
mählicher Tilgung erforderlich ist (561/12 oder 411½ Jahr, je 
nachdem beim Übergang der Renten an die Rentenbank die ganze 
Rente oder nur 3/10 derselben an die Rentenbank von den Ver- 
pflichteten entrichtet worden ist). Ist die Tilgung der Rentenbriefe 
vollendet, so sind auch die Renten nicht weiter zu entrichten. In den 
Rheinlanden sind die Beschränkungen in der Benutzung von Grund 
und Boden schon durch die französische Gesetzgebung vollständig 
und ohne Schonung der Berechtigten beseitigt worden. 
Neben den gutsherrlichen und bäuerlichen unterliegen auch die 
Gemeinheitsverhältnisse einer Regelung. Es soll nämlich 
die von alters her begründete gemeinschaftliche Benutzung länd- 
licher Grundstücke (z. B. gemeinsamer Weideplätze) von seiten 
mehrerer Einwohner einer Stadt oder eines Dorfes oder von seiten
	        
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