178 VII. Die Verwaltung des Preußischen Staates.
A. Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten
oder Zivilsachen.
Es bestehen drei Instanzen.
Die I. Instanz ist entweder der Einzelrichter, das
Amtsgericht, oder ein Kollegialgericht (d. h. eine mit
drei Richtern besetzte Zivilkammer), das Landgericht.
1. Der Einzelrichter oder Amtsrichter ist mit weit-
gehenden Befugnissen ausgestattet, so daß bei ihm der Schwer=
punkt des Verfahrens liegt.
Das Amtsgericht ist zuständig für vermögensrechtliche An-
sprüche, deren Höchstbetrag seit 1. April 1910 von 300 auf
600 M erhöht ist, sowie, ohne Rücksicht auf die Höhe des
Streitgegenstandes, für gewisse andere Rechtsstreitigkeiten, welche
ein besonders schleuniges Verfahren erheischen oder eine besondere
Vertrautheit mit den örtlichen Verhältnissen voraussetzen, so z. B.
Mietstreitigkeiten, Streitsachen zwischen Arbeitnehmern und
Arbeitgebern wegen des Dienst= und Arbeitsverhältnisses, letzterc
soweit nicht Gewerbegerichte (S. 29) oder Kaufmannsgerichte
(Gesetz vom 6. Juli 1904 Rl. S. 260) bestehen. Auch
sind die Amtsgerichte ohne Rücksicht auf die Höhe der Streit-
summe für das Mahnverfsahren zuständig (s. S. 188).
Vor das Amtsgericht gehören ferner die Grundbuch= und
Vormundschaftssachen, die Führung der Handels-, Genossen-
schafts-, Vereins-, Güterrechts-, Muster= und Schiffsregister,
sodann die sog. Entmündigungssachen, d. h. die Fälle, in denen
es sich darum handelt, daß jemand als Geisteskranker, als Ver-
schwender oder als Trunksüchtiger zu bevormunden ist, ebenso
die Konkurssachen und das Aufgebotsverfahren, d. h. die öffent-
liche, gerichtliche Aufforderung, vermeintliche Ansprüche oder
Rechte binnen einer gesetzlichen Frist gerichtlich anzumelden oder
geltend zu machen. Die Amtsgerichte sind schließlich zuständig
für die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen
(Zwangsversteigerung von Grundstücken oder Eintragung einer