180 VII. Die Verwaltung des Preußischen Staates.
B. Strafsachen.
Die l. Instanz.
1. Amtsgerichte mit Schöffengerichten.
Das Schöffengericht besteht aus dem Amtsrichter als Vor-
sitzenden und zwei aus dem Volke berufenen Schöffen als
Beisitzern. Das Zusammenwirken der nicht rechtskundigen Richter
aus dem Volke mit dem rechtsgelehrten Richter im Schöffen-
gerichte unterscheidet sich dadurch von dem Schwurgerichte
(S. 181), daß in dem Schöffengerichte die beiden Elemente,
Richterstand und Laientum vereinigt sind, so daß sich beide gegen-
seitig verständigen können und gemeinsam über die Schuld= wie
über die Rechtsfrage (d. h. die Anwendung des Strafgesetzes und
die Höhe des Strafmaßes) entscheiden, während bei den Schwur-
gerichten die Geschworenen nur über die Tatfrage (ob schuldig
oder nichtschuldig) zu befinden haben. Die Einrichtung der
Schöffengerichte lehnt sich an das altgermanische Verfahren an,
welches die Urteilsfindung nicht dem gelehrten Richter, sondern
den Gemeindegenossen des Angeklagten zuwies.
Das Amt eines Schöffen kann nur von einem Deutschen
versehen werden, welcher das 30. Lebensjahr erreicht hat und
mindestens zwei volle Jahre in der Gemeinde wohnt. Das
Schöffenamt ist wie das der Geschworenen ein Ehrenamt,
jedoch erhalten beide seit dem Reichsgesetze vom 29. Juli 1913
neben den Reisekosten 5 Tagegelder für jeden Tag der
Dienstleistung. Da beide Amter aber zugleich als eine all-
gemeine Bürgerpflicht zu betrachten sind, so ist ihre Ab-
lehnung nur aus bestimmten, im Gesetz vorgesehenen Gründen zu-
lässig. Ablehnen kann, wer über 65 Jahre alt ist oder im letzten
Jahre bereits als Geschworener oder an fünf Sitzungstagen als
Schöffe tätig gewesen ist. Die Schöffen sollen zu höchstens fünf
Sitzungen im Jahre herangezogen werden, ebenso braucht niemand
in demselben Jahr als Schöffe und als Geschworener mitzuwirken.