J. Das Ministerium der öffentlichen Arbeiten. 219
Fürsorge, daß die Privatbahnen, obwohl als Erwerbsgesell-
schaften geschaffen, doch zugleich ihrem Zwecke als öffentliche
Verkehrsanstalten gerecht werden.
Die Bahnen sind daher der Oberaufsicht des Staates in
umfassender Weise unterworfen. Dies zeigt sich zunächst in dem
Konzessionsrechte des Staates, ohne welches keine Bahn ins
Leben treten kann. Daher muß jede Gesellschaft, die die Anlage
einer Eisenbahn beabsichtigt, sich an das Ministerium der öffent-
lichen Arbeiten wenden und diesem die Hauptpunkte der Linie
sowie die Größe des Aktienkapitals genau angeben. Wird
hierauf die landesherrliche Genehmigung erteilt, so ist
demnächst der Nachweis zu führen, daß das bestimmte Aktien-
kapital gezeichnet ist, und das vereinbarte Statut zur Be-
stätigung durch den König einzureichen. Erst dadurch erlangt
die Gesellschaft die Rechte einer Körperschaft (Korporation)
und damit das Recht, die zur Bahnanlage erforderlichen Grund-
stücke mangels einer gütlichen Einigung mit den beteiligten
Grundbesitzern im Wege der Enteignung (Expropriation,
s. S. 135) erwerben zu dürfen. Es hat jedoch die Bahn
Ersatz für allen Schaden zu leisten, welcher als Folge
der Bahnanlage anzusehen ist (so z. B. wenn durch Funken-
sprühen der Lokomotiven in Wald oder Feld Brände verursacht
werden). Die Gesellschaft hat die Verpflichtung, die Bahn
innerhalb der festgesetzten Frist fertigzustellen (§ 21). Die
Eröffnung des Betriebes darf erst erfolgen, nachdem die
Regierung nach vorgängiger Prüfung der fertiggestellten Anlage
(landespolizeiliche Abnahme) hierzu die Genehmigung erteilt.
Das wichtigste Aufsichtsrecht des Staates besteht be-
züglich der Feststellung der Personen= und Gütertarife, da ge-
rade hierbei der allgemeine Verkehr mit dem gewerblichen
Privatnutzen der Eisenbahnen am leichtesten in Widerstreit
gerät. Der Bahn wird daher ein Hoöchsttarif vorgeschrieben,
den die Bahn nicht überschreiten, wohl aber herabmindern darf.