Die Verfafsungs-Urkunde für den Preußischen Staat. 27
Das Nähere über die Ausführung der Wahlen bestimmt das
Wahlgesetz, welches auch die Anordnung für diejenigen Städte zu
treffen hat, in denen an Stelle eines Teils der direkten Steuern die
Mahl= und Schlachtsteuer erhoben wird.
Art. 73. Die Legislatur-Periode des Hauses der Abgeordneten
dauert fünf Jahre.“)
Art. 74. Zum Abgeordneten der Zweiten Kammer ist jeder
Preuße wählbar, der das dreißigste Lebensjahr vollendet, den Vollbesitz
der bürgerlichen Rechte infolge rechtskräftigen richterlichen Erkenntnisses
nicht verloren und bereits drei Jahre dem Preußischen Staateverbande
angehört hat. Der Präsident und die Mitglieder der Ober-
Rechnungskammer könnennicht Mitglieder eines der beiden
Häuser des Landtags sein.“)
Art. 75. Die Kammern werden nach Ablauf ihrer Legislatur-
Periode neu gewählt. Ein Gleiches geschieht im Falle der Auflösung.
In beiden Fällen sind die bisherigen Mitglieder wieder wählbar.?)
Art. 76. Die beiden Häuser des Landtages der Mon-
archie werden durch den König regelmäßig in dem Zeit-
raum von dem Anfange des Monats November jeden
Jahres bis zur Mitte des folgenden Januar und außer.
dem, so oft es die Umstände erheischen, einberufen.“"“")
Art. 77. Die Eröffnung und die Schließung der Kammern ge-
schieht durch den König in Herson oder durch einen dazu von ihm
beauftragten Minister in einer Sitzung der vereinigten Kammern.
Beide Kammern werden gleichzeitig berufen, eröffnet, vertagt und
geschlossen.
Wird eine Kammer aufgelöst, so wird die andere gleichzeitig
vertagt. (Vgl. die Anm. zu Nrt. 75.79
trt. 78. Jede Kammer prüft die Legitimation ihrer Mitglieder
und enischeidet darüber. Sie regelt ihren Geschäftsgang und ihre
Disziplin durch eine Geschäftsordnung und erwählt ihren Präsidenten,
ihre Vizepräsidenten und Schriftführer.
Beamte bedürfen keines Urlaubes zum Eintritt in die Kammer.
Wenn ein Kammermitglied ein besoldenss Staatsamt annimmt
oder im Slaatsdienste in ein Amt eintritt, mit welchem ein höherer
Rang oder ein höheres Gehalt verbunden ist, so verliert es Sitz und
Stimme in der Kammer und kann seine Stelle in derselben nur durch
neue Wahl wieder erlangen.
Niemand kann Mitglied beider Kammern sein.
Art. 79. Die Sigzungen beider Kammern sind öffentlich. de
Kammer tritt auf den Antrag ihres Präsidenten oder von zehn Mit-
gliedern zu einer geheimen Sitzung zusammen, in welcher dann zu-
nächst über diesen Antrag zu beschließen ist.
2 L vom 27. Mal 1888 (GS. Nr. 18 S. 137).
*½% Geseth vom 27. März 1879 (G. Nr. 18 S. 777.)
Tie Bestimmungen des Art. 75 haben tetzt nur noch Bedeutung für das Haus
der Abgeordneten, weil das Herrenhaus keine Wahlkammer mehr ist (I. Uri. 65—V# ).
Gesetz vomn 18. Mal 13857 (GS. Nr. 27 S. 300js.