2. Reichsgesetzgebung. 37
Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft getreten und hat dem
deutschen Volke das langersehnte gemeinsame Privatrecht gegeben.
Zu den wichtigsten gemeinsamen Gesetzen gehören:
1. Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom
15. Mai 1871, durch welches auf dem Gebiete des Strafrechtes
nach drei Jahrhunderten die Einheit wieder hergestellt worden ist.
2. Das Gesetz vom 6. Februar 1875 (Rl. S. 23)
über die Beurkundung des Personenstandes und der
Eheschließung, welches die Form der Eheschließung für
das Deutsche Reich einheitlich geregelt und durch Einführung
der obligatorischen Zivilehe die Ehehindernisse wegen
Verschiedenheit des Glaubensbekenntnisses beseitigt hat. Bei
der obligatorischen Zivilehe ist die rechtliche Gültigkeit
und Wirksamkeit der Ehe nicht von der kirchlichen Trauung,
sondern von einer feierlichen Erklärung vor der bürger-
lichen Obrigkeit 1dem Standesamte) abhängig. Dies schließt
selbstredend eine kirchliche Einsegnung der Ehe nicht aus; sie
darf jedoch erst erfolgen, nachdem dem Geistlichen der Nach-
weis der erfolgten bürgerlichen Eheschließung geführt ist. (Bei
der fakultativen Zivilehe haben die Brautleute die Wahl
zwischen kirchlicher und bürgerlicher Eheschließung, so daß beiden
Arten der Eheschließung die gleiche bürgerlich-rechtliche Wir-
kung beiwohnt.) Das Gesetz hat ferner die Führung der
Zivilstandsregister geregelt, in die — an Stelle der
Kirchenbücher — die Geburten, Eheschließungen und Todesfälle
eingetragen werden müssen.
3. Eine hochbedeutsame Neuordnung auf dem Gebiete des
Rechts ist seit dem 1. Oktober 1879 zur Durchführung gelangt;
sie schuf dem deutschen Volke ein einheitliches Prozeßrecht und
eine gemeinsame Verfassung der Gerichte. An diesem Zeit-
punkte traten in Kraft:
a) das Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877,
b) die Zivilprozeßordnung vom 30. Jannar 1877,