62 II. Verfassung des Deutschen Reiches.
des Inlandes ferngehalten oder wenigstens erschwert wird. Der
Schutzzoll sucht also die heimische (nationale) Arbeit zu schützen;
den Gegensatz dazu bildet der Freihandel, welcher den Waren-
austausch im Welthandel, also „international“, zu fördern strebt;
indem er die Zölle und hierdurch den Eingriff des Staates in
den wirtschaftlichen Verkehr der Länder untereinander tunlichst
beseitigt, will er die Ein= und Ausfuhr erleichtern und dadurch
vermehren. Jeder Staat hat das Recht, selbständig nach eigenem
Ermessen die Zollsätze (Tarif) und Bedingungen für die Einfuhr
fremder Erzeugnisse festzusetzen; es ist dies die „Tarif-
autonomie“ des Staates. Naturgemäß bewirkt jedoch ein
einseitiger weitgehender Schutzzoll des einen Staates bei dem
anderen Staate, der sich hierdurch in der Ausfuhr seiner Er-
zeugnisse bedroht sieht, als Gegenmaßnahme eine Erhöhung
seiner Einfuhrzölle für die Erzeugnisse des ersteren Staates. Um
die wirtschaftlichen Schädigungen eines solchen Verhältnisses
(„Zollkampf") abzuwenden, werden Handelsverträge ge-
schlossen; diese bezwecken also, die Zölle in ihren Höchstbeträgen
gegenseitig zu „binden“ und für bestimmte Gegenstände gegen
Zugeständnisse des anderen Staates herabzusetzen.
Wie wir gesehen haben (S. 8), war schon im alten Deutschen
Bunde auf Anregung von Preußen die Mehrzahl der deutschen
Staaten zum Zollverein zusammengetreten. Dadurch entfielen
innerhalb des Vereinsgebietes alle Binnenzölle. Die Grenz-
zölle wurden für gemeinsame Rechnung erhoben und nach der
Einwohnerzahl unter den einzelnen Vereinsstaaten verteilt. Diese
Vereinbarung hat Handel und Gewerbe in Deutschland mächtig
entwickelt, sie war indessen kündbar; es stand daher bei dem
jedesmaligen Ablaufe der zwölfjährigen Zeitdauer, für die der
Bollverein gültig war, dessen Fortbestand in Frage. Auch
war jede Anderung im Zolltarife von der Übereinstimmung
der sämtlichen Regierungen des Zollvereins abhängig. Alle
diese Fesseln hat die Bestimmung des Artikels 33 der Ver-