Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

Drutschtand. 107 
20. Nov. (Kurhessen). Die Minister werden vom Kurhessen ent- 
lassen, die Stände auf unbestimmte Zeit vertagt. 
21. „ (Kurhessen). Die Kasseler Zeitg., das Organ des bisherigen 
Ministeriums, äußert sich über die Entlassung der Minister dahin: 
„Hierdurch findet die gestrige Vertagung der Ständeversammlung, die 
diesmal freilich selbst das Wort unseres vor einigen Tagen verblichenen 
Dichters Uhland: „Euer Amt sich fasset in den kurzen Reim: Versammelt 
Euch, schafft Geld und trollt Euch wieder heim!“ — überholt hat, ihre 
vollkommene Erklärung. Es scheint sich jedoch von selbst zu verstehen, daß 
diese Unterbrechung der eben erst begonnenen Verhandlungen nur kurze Zeit 
währen wird, wie es in den Verhältissen liegt, daß allerhöchsten Orts die 
weitere Entscheidung sehr bald getroffen sein wird. Auch hören wir, daß 
die entlassenen Ministerialvorstände die laufenden Geschäfte nur auf einige 
Tage noch versehen werden, da sie das volle Gewicht der verfassungsmäßigen 
Verpflichtungen immerhin zu tragen haben und die Veranlassung ihres 
Rücktrittes mit einer bloßen Fortführung der laufenden Geschäfte auf längere 
Zeit sich nicht vertragen würde." 
„ „ (Hannover). Die Consistorien theilen durch Ausschreiben der 
Geistlichkeit ihrer Bezirke den Entschluß des Königs mit, 
den § 23 des Landesverfassungsgesetzes: „über Abänderungen in der 
Kirchenverfassung wird der König mit einer von ihm zu berufenden Ver- 
sammlung von geistlichen und weltlichen Personen, welche theils von ihm, 
theils von den Geistlichen und Gemeinden auf die durch Verordnung zu 
bestimmende Weise erwählt werden, berathen", in Ausführung zu bringen. 
Zugleich nimmt das Consistorium Gelegenheit, sich gegen die kürzlich ab- 
gehaltene Celler Pastoralconferenz und gegen die von dieser für den 2. Dec. 
ausgeschriebene größere öffentliche Versammlung von Geistlichen und Laien 
auszusprechen, indem das aufgestellte Programm „wie überhaupt, so ins- 
besondere hinsichtlich des darin befindlichen Bekenntnißpunktes, Bedenken 
darbiete.“ Die geistliche Behörde will „im Einklang mit den Intentionen 
des Cultusministeriums die Geistlichkeit vor jeder Theilnahme an der ge- 
dachten Versammlung oder an sonstigen gemeinsamen Schritten, durch welche 
in der hier fraglichen Beziehung eine ähnliche unangemessene Einwirkung 
auf die k. Regierung versucht werden soll, ernst und nachdrücklich gewarnt 
und davon abgemahnt haben.“ 
Zu gleicher Zeit erläßt das Ministerium des Innern ein be- 
sonderes Ausschreiben gegen die Celler-Versammlung: 
„Die früherhin eingeleiteten Verhandlungen zur Ausführung dessen, was 
wegen Abänderung in der bestehenden evangelischen Kirchenverfassung durch 
den zweiten Absatz des § 23 des die Landesverfassung betreffenden Gesetzes 
vom 5. Sept. 1848 in Aussicht gestellt ist, haben in der Folge, zunächst 
in dem Plane einer vorgängigen Aenderung in der Organisation der kgl. 
Consistorien, Beanstandung erfahren. Nachdem indessen die Consistorial- 
Organisationspläne bis jetzt an den über deren finanzielle Seite mit der 
allgemeinen Ständeversammlung zugelegten Verhandlungen gescheitert sind, 
ist unter allerh. Genehmigung S. M. des Königs beschlossen worden, die 
erforderlichen Vorbereitungen zur Ausführung der gedachten Verfassungs- 
bestimmungen nunmehr eintreten zu lassen, und es ist dieserhalb bereits 
Einleitung getroffen. Die auf den 2. December d. J. angekündigte Ver- 
sammlung von Geistlichen und Nichtgeistlichen in Celle ist im Wesentlichen 
zu dem Zwecke berufen, um durch eine Petition auf die Ausführung der 
mehrerwähnten Verfassungsbestimmungen hinzuwirken. Der Versuch einer 
solchen Einwirkung auf die kgl. Regierung würde indessen bei obiger Sach-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.