Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

Preußen. 125 
von 1850 sprach die Grundsätze für eine Kreisvertretung durch Wahl aus 
und in Folge dessen wurde die Gemeindeordnung vom 1. März 1850 ge- 
geben. Sie wissen, daß dieselbe aufgehoben und später ein neuer Entwurf 
vorgelegt wurde, der jedoch nicht zur Ausführung kam. Die vorige Regie- 
rung beschäftigte sich eifrig mit dem Gegenstande, und die gegenwärtige nahm 
die Versuche auf, diese Materie zu reguliren und mit der Verfassung in 
Einklang zu bringen. Die Regierung legte 1860 einen Gesetzentwurf vor, 
der im Abgeordnetenhause angenommen wurde, in diesem hohen Hause aber 
nicht zur Berathung kam. Die Regierung hat sich von zwei Grundgedan- 
ken leiten lassen. Der eine, daß jede Reform der Kreisverfassung die Auf- 
hebung des Virilstimmrechts der Rittergutsbesitzer in sich schließe; der andere, 
daß jede Vertretung die verschiedenen Interessen der Städte und des Land- 
besitzes berücksichtigen und namentlich die Interessen des großen Grund- 
besitzes im Auge behalten muß. Der Entwurf weicht einigermaßen von 
dem von 1860 ab, er begreift auch die westlichen Provinzen und somit das 
ganze Land in sich. Eine wesentliche Verschiedenheit besteht darin, daß in 
dem Entwurfe von 1860 noch die Hälfte der Stimmen dem großen Grund- 
besitze zugesichert war. Dieses Prinzip hat nicht aufrecht erhalten werden 
können, weil es bei der verschiedenen Vertheilung zu großen Ungerechtig- 
keiten geführt haben würde. In dem gegenwärtigen Entwurfe ist 1⁄3  der 
Stimmen jedem Hauptbestandtheil der Vertretung zugesichert. In den west- 
lichen Provinzen hat die Regierung angenommen, daß nach anderen Grund- 
sätzen verfahren werden müsse, als in den östlichen Provinzen. Die Re- 
gierung ist sich bewußt, mit diesem Gesetzentwurfe den wahrhaft konser- 
vativen Interessen des Landes einen wichtigen Dienst zu leisten und hofft, 
daß das Haus diese Ueberzeugung theilen und dem Entwurfe seine Zu- 
stimmung nicht versagen werde." 
1. Febr. Das Herrenhaus genehmigt einstimmig und ohne Discussion 
die Gesetzesvorlage betreffend Abänderung und Ergänzung einiger 
Bestimmungen des Gesetzes vom 3. Sept. 1814 über die Ver- 
pflichtung zum Kriegsdienste (vgl. 23. Januar). 
2. „ Uebergabe der identischen Noten Oesterreichs und der Mittel- 
staaten gegen einen Bundesstaat im Staatenbunde (s. Deutschland). 
5. „ Vorlagen der Regierung im Abg.-Hause bezüglich Städteordnung, 
Handelsgerichte und ländliche Gemeindeordnung. 
10. „ Von der vom Abg.-Hause zur Prüfung des Militär-Etats und 
der Militär-Vorlage gewählten Commission, voraussichtlich der 
wichtigsten der Session, gehören 7 der Fraction Waldeck, 7 der 
Fraction Bockum-Dolffs, 5 der Fraction Grabow, einer der Frac- 
tion Reichensperger an; die Fortschrittspartei hat also entschieden 
das Uebergewicht. 
14.— 15. Febr. Zweitägige Debatte des Abg.-Hauses über die kur- 
hessische Frage: 
.Antrag der Commission: „Das Haus der Abgeordneten erklärt es 
als dringend geboten, daß die k. Staatsregierung mit allen ihren Mitteln 
auf die Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Rechtszustandes in Kur- 
hessen, insbesondere auf eine sofortige Berufung der hessischen Volksvertretung 
auf Grund der Verfassung vom 5. Jan. 1831, der in den Jahren 1848 
und 1849 dazu gegebenen Erläuterungen und dann vorgenommenen Ab- 
änderungen und des Wahlgesetzes vom 5. April 1849 hinwirke.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.