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Preußen.
Landwehrmännern zur Linie sei neulich nur als eine künftige Möglichkeit
erwähnt. Eine „ungesäumte“ Vorlage sei nicht möglich.“
Diese Erklärungen, namentlich die erstere, befriedigen die Com-
mission nicht und bei der Abstimmung werden alle beantragten
Resolution abgelehnt und beschlossen, sich darauf zu beschränken,
dem Abg.-Hause die Streichung aller Mehrausgaben für die Re-
organisation (etwas über 6 Millionen Thlr.) vorzuschlagen und es
der Regierung zu überlassen, welche Wege sie einschlagen wolle,
um den Zustand der Armee wieder auf eine gesetzliche Grundlage
zu stellen.
23. Aug. Der Regierungscommissär Oberst v. Bose übergibt der Budget-
commission des Abg.-Hauses folgende schriftliche Erklärung als
letzte Concession in der Militärfrage:
„Gegen die dem Landtage in der Session 1860 gemachten Vorlagen (Ge-
setz, betreff. die Verpflichtung zum Kriegsdienste u. s. w.) sind inzwischen
nachfolgende Abänderungen in der Formation der Armee beschlossen, resp.
Allerhöchsten Orts genehmigt worden, und zwar: 1) Die Dienstverpflichtung
für das stehende Heer, incl. Reserve, wird nicht auf acht, sondern auf sieben
Jahre festzusetzen beabsichtigt; 2) die active Dienstzeit der Cavaleristen soll
nicht vier, sondern nur drei Jahre betragen; 3) die Verpflichtung zum
Dienste in der Landwehr wird von eilf auf neun Jahre zu ermäßigen be-
absichtigt; davon fünf Jahre im ersten und vier Jahre im zweiten Aufge-
bot; 4) von der Formation eines dritten Garde-Cavalerie-Brigade-Com-
mando's ist Abstand genommen worden; 5) die Artillerie= Brigaden (bisher
Regimenter) sollen eingetheilt werden in: a) ein Feldartillerie-Regiment,
bestehend aus drei Fußabtheilungen und einer reitenden Abtheilung; b) die
Festungsartillerie, bestehend aus einer, resp. zwei Festungsabtheilungen zu vier
Compagnien; 6) die neuen (9) Ariillerie- Handwerks-Compagnien werden
von den Brigaden abgetrennt und direct unter die Inspection der technischen
Institute der Artlllerie gestellt; 7) der Etat des Traius ist per Bataillon
um 94 Train-Recruten und um 46 Train-Pferde ermäßigt worden. — In
den Motiven zu dem Gesetzesentwurfe, betreff. die Feststellung eines Nach-
trags zum Staatshaushalts-Etat für das Jahr 1860, und zu dem Gesetz-
entwurfe, betreffend die Forterhebung eines Zuschlags zur classificirten Ein-
kommensteuer, zur Classensteuer und zur Mahl= und Schlachtsteuer sind Sie
für die Reorganisation der Armee erforderlichen laufenden Mehrkosten auf
etwa 9,500,000 Thlr. angegeben. Die Kosten der Armee vor Reorganisa-
tion derselben beliefen sich nach dem Etat für 1860 im Ordinarium auf
circa 31,500,000 Thlr. Der Etat für die vollendete Reorganisation stellt sich
somit im Ordinarium auf circa 41 Mill. Diese Summe wird durch die vorbe-
zeichneten Abänderungen nur sehr gering alterirt, so daß der Normaletat der
Armee nach der Reorganisation, wie oben angegeben, 41 Millionen Thaler
betragen würde. Die Kosten, welche im Extraordinarium für Beschaffung
der verbesserten Waffen, für die Verstärkungen resp. den Umbau der Festun-
gen u. s. w. in Ansatz zu bringen sein werden, können der Reorganisation
nicht zur Last fallen, denn auch ohne diese hätte man damit vorgehen müssen.“
Die Commission erachtet diese Concessionen der Regierung für
allzu unbedeutend und beschließt mit 20 gegen 3 Stimmen, in
ihren Bericht über den Militäretat für 1862 aufzunehmen, daß
sie „die ausgeführte Armee-Organisation nach ausführlicher Er-