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Preußen.
sondern daß die Regierung vielmehr das Bedürfniß fühlt, eine Einigung
über die obschwebende Frage herbeizuführen“. «
Auf den Antrag von Bockum-Dolffs, des Präsidenten der Bud-
getcommission, beschließt das Haus in Folge dieser Erklärung sich
zu vertagen, damit die Commission nochmals in Berathung treten
könne. Die Budgetcommission tritt sofort zusammen; der Kriegs-
minister und der Finanzminister sind anwesend, ebenso eine große
Anzahl von Abgeordneten. Der Kriegsminister wiederholt im We-
sentlichen seine im Plenum abgegebene Erklärung, die von anderer
Seite als „sehr unbestimmt, sehr vorsichtig, sehr zurückhaltend“ bezeichnet
wird. Der Kriegsminister erklärt, zu definitiven Aeußerungen,
zu Darlegung einer Direction werde er am folgenden Tage im
Stande sein. Die Commission beschließt darauf hin, am folgen-
den Tage eine neue Sitzung zu halten und inzwischen eine weitere
Aussetzung der Plenarsitzung zu veranlassen.
18. Sept. Sitzung der Budgetcommission. Die Hoffnung auf eine Ver-
ständigung mit der Regierung fällt dahin. Erklärung des Kriegs-
ministers:
„Vierundzwanzig Stunden sind eine kurze Frist in einer so wichtigen An-
gelegenheit, als die vorliegende. Um wo möglich eine Verständigung zu er-
reichen, ist die Regierung dem Abgeordnetenhause bereits entgegengekommen
und hat ungeachtet nicht unwesentlicher technischer Bedenken sich mit dem
Amendement Stavenhagen= v. Sybel, jetzt v. Vincke, einverstanden erklärt.
Ich hoffe, daß in diesem Zugeständniß die Grundlage zu einem Einver-
nehmen gegeben sein wird und bin überzeugt, daß Regierung und Land die
Einigung mit großer Freude begrüßen werden. Was meine weitere Aeuße-
rung über den Antrag, so weit er 1863 berührt, betrifft, so wird von der-
selben die Erwägung der Vorschläge für 1862 nicht abhängig zu machen
sein. Bei der Berathung des Etats pro 1863 wird die Regierung ihren
Standpunkt näher bezeichnen. Nach reiflicher Erwägung muß ich indeß die
innige Ueberzeugung aussprechen, daß das Amendement Stavenhagen, jetzt
v. Vincke, in vorliegender Form und unverändert aus technisch-militärischen
Gründen unausführbar erscheint. Das Einverständniß der Regierung
mit demselben kann daher nicht in Aussicht gestellt werden und die Regie-
rung würde ihre Pflicht verletzen, wenn sie, lediglich um jetzt Frieden zu
haben, auf das Amendement pure eingehen wollte. Ich bin bereit, meine
Erklärung näher zu begründen". Nachdem die Commission die Begründung
zugelassen, führt Hr. v. Roon aus, daß sich schon bei der verspäteten Ein—
stellung der Rekruten am 15. Februar jeden Jahres große Schwierigkeiten
ergeben, und daß der Zustand Europa's erfordere, daß die Armee stets im
kriegsbereiten Zustand sei. Der Grundgedanke des Amendements sei die
faktische Einführung der zweijährigen Dienstzeit. Die Armee habe schon
unter der provisorischen Verkürzung der Dienstzeit gelitten, und noch größere
Uebelstände würden bei der Herabsetzung auf zwei Jahre eintreten. Jeden-
falls müsse sie, falls sie möglich sein solle, durch Compensationen ermöglicht
werden, von denen es noch nicht einmal feststehe, ob sie wirksam sein wür-
den. Dabei wies der Kriegsminister auf Erhöhung des Soldes für Unter-
offiziere und Capitulanten und auf die Errichtung stehender Lager hin. In
Bezug auf das erwartete Gesetz erklärte er nochmals, die Regierung denke
ihre eingegangene Verpflichtung in Bezug auf die Vorlegung desselben später
zu erfüllen. — Von Seiten aller Redner wird in längerer Debatte bemerkt,