Preußen. 171
Kinder zähle, das Regiment wird leicht in allen seinen Theilen, denn der
ganze Mechanismus der Verwaltung folgt dann nicht vormeintlicher schwacher
Sterblicher Weisheit, sondern der Allgewalt einer Macht, die über der Zeit
und dem Raum thront. Und welcher Art wäre die uns damit sofort ge-
botene Perspektive? Ein glücklich Volk, dem schon der Name seines Königs
die Pulse wärmer schlagen macht! Und dieses Volk, wie hing es ihm noch
an im letztverflossenen Jahre? Mit ganzer Lieb' und Treue, opferwillig wie
je ein Volk. Dies leugnen, heißt lügen, heraus aus schwarzer Seele voll
selbstsüchtiger Hintergedanken, — heißt die Wahrheit verrathen und die Rolle
einer Natter spiell, die unter Blumen schleicht. Mein Haupt zum Pfande,
daß ich die Wahrheit sagte! Ew. kgl. Hoheit ist es anheimgegeben, von
diesen Zeilen geeigneten Gebrauch zu machen. Möchten sie alsdann aufge—
nommen werden wie eine Appellation von dem schlecht berathenen
Könige an den besser berathenen König, und keiner 14 Tage
würde es bedürfen, und das Volk würde wie erlöst vom schweren Banne,
und in dem Gefühl, sich wieder einig mit seinem Könige zu wissen, der
kurzen, herben Täuschung jüngst vergangener Zeit gar bald vergessen haben.
Sich aber mit der ungeheuren Mehrheit eines glücklichen dankbaren Volkes
eins zu wissen, mehr kann auch ein Fürst, schwacher Sterblicher wie Alle,
nicht wollen können, und die größte und beste Armee wird nie auch
nur entfernt ein Volk ersetzen, das wie Ein Mann hinter
seinem Könige steht.“
8. Sept. Die Sternztg. sucht nochmals die Unmöglichkeit nachzuweisen,
auf die Abstriche des Abg.-Hauses am Militärbudget Seitens der
Regierung einzugehen:
„Der fragliche Beschluß ist einfach und schlechterdings unausführbar.
Er ist es, wenn die preußische Armee überhaupt fortbestehen, wenn ferner
dle verfassungsmäßigen Rechte der vollziehenden Gewalt in ihrem Bereich,
die verfassungsmäßigen Rechte des Königs in Bezug auf die
Armee, noch einen Schatten von Wahrheit haben sollen. Wir haben reich-
lich schon angedeutet, daß auch die Gegner selbst zum großen Theile ihn
als unausführbar anerkennen und sich zu seiner Rechtfertigung nur hinter
angebliche Rechtsgründe verschanzen. Ein Beschluß aber, der von vornherein
dazu da sein soll, nicht ausgeführt zu werden, ist kein Beschluß. Es ist
eine contradictio in adjecto, ein nonsens: bewußter Weise einen unmög-
lichen, unausführbaren Beschluß zu fassen.“
9. „ Sitzung des Abg.-Hauses. Der provisorische Ministerpräsident
v. Bismark-Schönhausen zieht das Budget für 1863 zurück:
„Nachdem das Haus alle Reorganisationsausgaben für 1862 abgesetzt
hat, muß die Regierung annehmen, daß dieselben Beschlüsse sich für 1863
unverändert wiederholen. Da aber die Regierung ihrerseits an den Auf-
fassungen festhält, welche durch ihre Organe bei 1862 entwickelt sind, so
würden die Ergebnisse sofortiger Beschlußnahme einer zukünftigen Erledigung
der streitigen Fragen nicht förderlich sein, sondern die Schwierigkeiten er-
heblich vermehren. Nach den bisherigen Verhandlungen ist eine Verstän-
digung ohne Gesetzesvorlage nicht möglich. Auf den Antrag des Staats-
ministeriums hat mich der König ermächtigt, den Etat für 1863 zurückzu-
ziehen . Damit ist der Grundsatz von einer rechtzeitigen Vorlegung des
— Etats nicht aufgegeben, sondern die Regierung hält es nur gegenwärtig für
ihre Pflicht, die Hindernisse einer Verständigung nicht noch höher anschwellen
zu lassen. Die Regierung wird daher in der nächsten Session den Etat für 1863 mit einem
die Lebensbedingungen der Reorganisation aufrechterhal-
tenden Gesetzentwurf vorlegen, und ebenso den Etat für 1864.“ Die Er-
klärung wird der Budgetcommission zu schleuniger Berlchterstattung überwiesen.