I.
Deutschland.
Gemeinsame Angelegenheiten. — Mittel- und Kleinstaaten.
3. Januar (Kurhessen). Zusammentritt der Stände nach der octroyir-
ten Verfassung von 1860. Wahl des Bureau: Alle Abgeordneten
bis auf zwei erklären, nur unter Rechtsverwahrung zu wählen.
Der Landtags-Commissär entgegnet, dann sei die Versammlung
unstatthaft und zwecklos, und verläßt mit seinem Secretär und
den beiden Mitgliedern der Minorität den Ständesaal. Die Ver-
sammlung bestellt ihr Bureau und beschließt, die Rückantwort der
Regierung auf die Bureauwahl abzuwarten. Der einstimmig ge-
wählte Präsident Nebelthau beantwortet seine Wahl durch eine
sehr entschiedene Ansprache:
„Ich danke Ihnen für die kundgegebene Einstimmigkeit. Das ganze Land
weiß, daß ich Gut und Blut für die Herstellung der Verfassung von 1831
hinzugeben bereit sein würde. Ihre Wahl hat daher eine um so größere
Bedeutung, als die Minister neuerdings jede Meinungsäußerung, welche
ihnen unangenehm ist, durch Polizeimaßregeln und Disziplinarklagen unter-
drücken. Schon zweimal gaben dieselben Männer, welche heute hier ver-
sammelt sind, über die große Angelegenheit unseres Landes ihren Wahr-
spruch ab. Nur die HH. Minister wollten darin die Stimme des Landes
nicht erkennen. Als aber eine, in demselben Sinne an S. k. Hob. den
Kurfürsten gerichtete Vorstellung (s. Jahrg. 1861 S. 99) binnen wenigen
Tagen mit mehr als fünfzehntausend Unterschriften sich bedeckte, da ließ die
bewaffnete Macht danach fahnden und überall, wo man ihrer habhaft wer-
den konnte, die Adresse wegnehmen. Ich will nicht die Wahlhindernisse,
nicht des heutigen Benehmens der Landtagskommission für jetzt gedenken.
Sie sehen schon, m. HH., es handelt sich darum, die Stimmen der Wahr-
heit ein für allemal zu ersticken; das letzte Recht eines Volkes, das Peti-
tionsrecht, wird mit Füßen getreten. Wenn Sie nun thun, was dem
Lande sonst ganz unmöglich sein würde, wenn Sie den HH. Ministern zei-
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