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Oesterreich.
meinschaflliche Behandlung aller dem Reiche gemeinsamen Angelegenheiten
verfassungsmäßig herbeizuführen und dauernd zu sichern.“
Staatsminister v. Schmerling: Der Antrag des Herrn Grafen
v. Auersperg stimmt wörtlich mit jenem Beschlusse überein, den das Haus
der Abg. letzthin gefaßt hat. Die Regierung hat sich damals durch mich
erlaubt, unumwunden auszusprechen, daß sie diesen Wünschen des Abgeord-
netenhauses in jeder Rücksicht entgegenzukommen bereit sei. Die Regierung
erkennt in diesen Wünschen keinen gegen sie gerichteten Tadel, sie erkennt
auch nicht einmal das, was man ein moralisches Drängen nennen könnte;
sie erkennt darin nur den Ausdruck des lebendigen Wunsches, daß eine sehr
brennende Frage ihre Lösung finde, und so erbittet die Regierung auch,
möge dieser Wunsch seitens des Herrenhauses aufgefaßt werden. In der
Sache selbst darf ich unumwunden aussprechen, daß nicht allein meine un-
bedeutende Persönlichkeit, sondern alle Räthe der Krone es lebendig erken-
nen, daß eine endliche Anbahnung der Verständigung mit allen Königreichen
und Ländern, die derzeit in das Verfassungsleben des Gesammtreiches nicht
eingetreten sind, eine der wichtigsten Aufgaben sei, und wir sind uns redlich
bewußt, dieser Angelegenheit unsere volle Aufmerksamkeit, unseren regen
Eifer unverändert zugewendet zu haben. Wir haben nichts versäumt, was
die Anbahnung einer Verständigung herbeizuführen geeignet wäre. Se.,
Maj. hat in dieser Angelegenheit mit einer Milde, die gewiß nur zu reger
Dankbarkeit auffordert, ruhig den Versammlungen bis zu dem Momente
die Aufmerksamkeit zugewendet, wo es an dem war, für die Würde der
Krone und für die Herrlichkeit des Monarchen einzutreten und erst da einer
Versammlung ein gebieterisches Halt zugerufen, als sie über die Grenzen
des Erlaubten zu shreiten im Begriffe war. Alle Maßregeln, die seither
von der Regierung ergriffen wurden, sind nur in der Richtung geschehen,
dem Gesetze Achtung zu verschaffen, und nichts ist geschehen, was in den,
zur ungarischen Krone gehörigen Ländern nur entfernt der Vermuthung
Raum geben könnte, als sei es die Absicht der Centralregierung, in die
Eigenthümlichkeiten des Landes einzugreifen und jene Selbstständigkeit zu
schmälern, die durch das Diplom vom 20. Oct. und durch die Verfassung
vom 26. Febr. gewährleistet worden ist. Wenn daher die Regierung bisher
nicht so glücklich war, das erwünschte Resultat in ihren Actionen zu erzie-
len, so mag das in den eigenthümlichen Verhältnissen der Zeit seine be-
greifliche Erklärung finden. In einer Zeit, wo die Leidenschaftlichkeit, die
erhitzte Phantasie eine so vorherrschende Rolle spielt, ist es sehr schwer,
große staatsrechtliche Fragen zu lösen. Solche Fragen müssen mit klarem
Verstande behandelt werden, wenn das Ziel erreicht werden soll, und ich
muß es offen aussprechen, daß dieser Moment ruhiger Erwägung durch ge-
raume Zeit nicht vorhanden war; wir wollen aber hoffen, daß er ange-
bahnt, wenn nicht vielleicht schon eingetreten ist. Ich denke, daß man in
allen Theilen des Reiches zur Ueberzeugung gekommen ist, daß man durch
eine rege Betheiligung an jenen Functionen, welche die Hochherzigkeit Sr.
Maj. allen seinen Königreichen und Ländern gegeben hat, mehr für das
Gesammtreich und mehr für das specielle Land, dem man angehört, thut,
als indem man sich von der Theilnahme an diesen Functionen fern hält.
Ich glaube daher, daß der Moment nicht ferne sein wird, wo eine rege
Theilnahme am Verfassungsleben von allen Theilen des Reiches eintreten
wird. Für die Regierung selbst ist der Weg, den sie fürder zu wandeln hat,
ganz derselbe, den sie bisher gegangen ist. Er ist klar vorgezeichnet durch
die übernommenen Pflichten, die hochherzigen Absichten Sr. Maj., die in
dem Patente vom 26. Febr. ihren Ausdauer gefunden haben, zu unter-
stützen. Diese Absichten sind uns auch durch das Wort Sr. Maj. selbst in
feierlicher Weise verkündet worden. Gegenüber solchen Manifestationen des
kaiserlichen Willens gibt es für jeden loyalen Unterthan, für jeden treuen