Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

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Orsterreich. 
nach unserer Ansicht der König Otto und seine Familie legitime Rechte 
haben. Daher sind wir denn auch nicht in der Lage, diesem oder jenem 
Fürsten, der der Wahl der griechischen Nation von einer der Mächte 
empfohlen werden könnte, einen Vorzug einzuräumen.“ Uebergehend auf 
die enge Verbindung zwischen der griechischen und der orientalischen Frage 
und anerkennend, daß die Begrenzung der revolutionären Bewegung inner- 
halb des griechischen Gebiets dem Einfluß der Schutzmächte zuzuschreiben, 
führt die Depesche fort: „Aber ist die nachsichtige Haltung der Schutzmächte 
gegenüber der griechischen Revolution nicht vielleicht geeignet, die Eroberungs- 
wünsche und Tendenzen der griechischen Nation eher zu ermuthigen als zu 
beruhigen?“"“ Endlich gibt Graf Rechberg den Schutzmächten Griechenlands 
folgenden positiven Rath: „Eine kategorische Erklärung, daß das Königreich 
Griechenland in den von den Verträgen ihm vorgezeichneten Grenzen auf- 
recht erhalten werden muß, würde uns als sehr angemessen erscheinen. Man 
würde dadurch neuen Verwicklungen vorbeugen, welche jede der Mächte im 
snteresse der Aufrechthaltung des allgemeinen Friedens zu vermeiden wün- 
schen muß.“ 
15./16. Dez. Beide Häuser des Reichsraths genehmigen die Bankacte 
18. 
nach den Anträgen der gemischten Commission. 
„ Schluß der Session des Reichsraths. Thronrede des Kaisers: 
„ . Mit Worten Meines kaiserlichen Vertrauens habe Ich Sie be- 
grüßt, als Ich Sie zum Beginne eines Werkes um Mich versammelte, das 
mit Gottes Hilfe Oesterreichs Wohlfahrt dauernd begründen soll. Von den 
Segenswünschen Meiner treuen Völker begleitet, sind Sie damals an die 
Aufgabe geschritten, welche Ich durch die mit dem Diplom vom 20. Okt. 
1860 und mit dem Grundgesetze vom 26. Febr. des verflossenen Jahres ins 
Leben gerufenen Institutionen in Ihre Hände gelegt habe. In dem gegen- 
wärtigen Augenblicke, in welchem Ich die erste Session des Reichsrathes 
schließe, spreche ich es mit Befriedigung aus: die Erwartung, der Ich in 
jener Stunde Ansdruck verliehen, ist nicht getäuscht, Meine Zuversicht auf 
das Gedeihen des mit gemeinsamer Kraft unternommenen Werkes befestigt 
worden.. Mächtig gehoben hat sich das Vertrauen auf die Kraft 
Oesterreichs. Sein entschlossenes Vorschreiten auf neuen Bahnen fried- 
licher Entwicklung hat ihm die Achtung der Nationen gesichert und die Sym- 
pathien befreundeter Staaten mit neuer Wärme belebt. Groß und schwierig 
war die Aufgabe, die Meinem Reichsrathe gestellt war. Mit entschlossenem 
Ernste und mit richtigem Verständnisse sind Sie an die Lösung gegangen. 
Sie haben das innerhalb der Grenzen Ihrer Wirksamkeit Erreichbare mit 
klarem Blicke erkannt und dafür, daß es erreicht wurde, im Vereine mit 
Meiner Regierung Ihre volle Kraft eingesetzt. Schon ist auf verfassungs- 
mäßigem Wege eine Reihe wichtiger Gesetze zu Stande gekommen. Sowie 
die Freiheit Ihrer Berathungen und der unverkümmerte Ausdruck Ihrer in- 
dividuellen Anschauung, ebenso wurde auch die Kundgebung der öffentlichen 
Meinung, insoferne g4H durch den Mund der Presse spricht, unter den 
Schutz der Gesetze gestellt, und der persönlichen Freiheit kräftigere Bürgschaft 
verliehen. Die Annahme eines neuen Handelsgesetzbuches, das schon 
seiner innern Vorzüge wegen empfehlenswerth erschien, und in den an- 
grenzenden deutschen Bundesstaaten Gesetzeskraft erhielt, wird nicht verfehlen, 
den gemeinsamen Interessen die wünschenswerthe Förderung zu gewähren. 
Es wird eine der wichtigsten Aufgaben der einberufenen Landtage sein, auf 
Grundlage der von Ihnen angenommenen grundsätzlichen Bestimmungen zum 
Aufbau des Gemeindeorganismus in Meinen Königreichen und Län- 
dern mitzuwirken. Die Ordnung des Staatshaushaltes nach allen Rich- 
tungen hin hat Ihre besondere Sorgfalt in Anspruch genommen. Als Ich,
	        
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