Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

Frankreich. 255 
die Absicht einer Herstellung der Monarchie in Mcxrico und verlangt, man 
müsse mit der mexicanischen Regierung unterhandeln und sich zurückziehen. 
Der Sprechminister Billault fett dieser Opposition zunächst ein historisches 
Refums der anarchischen Zustände in Merico während der letzten 25 Jahre 
erntgegen; während dieses ganzen Zeitraums sei Diebstahl, Naub und 
Plünderung dort an der Tagesordnung und die Fremden seien sehr häufig 
Mordanfällen ausgesetzt gewesen. Diese Anarchie habe die drei Mächte, 
Frankreich, Spanien und England, bestimmt, eine gemeinsame Expedition 
zu unternehmen. Was die Veränderung der Negierungsform in. Mexico 
betreffe, so würden England und Spanien nicht gegen die Candidatur 
des Erzherzogs Maximilian gewesen sein, verausgesetzt, daß die 
Mexicaner ihn frei zu ihrem Monarchen gewählt hätten; Spanien würde 
allerdings für diese Candidatur einem Mitgliede der bourbonischen Familie 
den Vorzug gegeben haben. Es bestehe ein erheblicher Unterschied zwischen 
dem Zurücktreten der Engländer und dem der Spanier von der Erpedition; 
die Engländer seien von vornherein gegen das Vorrücken in das Innere 
von Mexito gewesen. Es sei ein Fehler- gewesen, daß man überhaupt mit 
Mexrico Unterhandlungen angeknüpft, da sie doch nicht zu einem befriedigen- 
den Resultat hätten führen können; der Kaiser sei aber gezwungen gewesen, 
dem Vertrage von Soledad die Anerkennung zu versagen, weil derfelte die 
Ehre Frankreichs verletzte. Nach den Mittheilungen des französischen Ge- 
sandten in Madrid, Barrot, hätte man auf Grund der Aeußerungen, die 
der Marschall O'Donnel zu demselben gethan, Ursache gehabt zu glauben, 
daß Spanien ebenso denke. Frankreichs Politik in Mexico gehe wesentlich 
dahin, dort nur überhaupt eine geordnete und den Wünschen der Mexicaner 
entsprechende Regierung, gleichriel ob Monarchie oder Republik, zu gründen. 
Ungeachtet des Zerwürfnisses der drei Mächte in Bezug auf die mericanische 
Expedition, seien dieselben übrigens sonst im besten Einvernehmen geblieben, 
wie dies noch neuerlich durch eine Aeußerung des Lord Palmerston im 
Parlament constatirt sei. Das Verhalten des Vice-Admirals Jurien de 
la Gravière in Merico müsse durchweg gebilligt werden; er habe dort nur 
die Wünsche Frankreichs proclamirt, d. h. so wenig eine Monarchie als 
eine Republik, sondern überhaupt eine geordnete Regierung. Es sei unwahr, 
wenn man behauptet habe, daß Frankreich den General Almonte nach 
Merico geschickt, um den Bürgerkrieg hervorzurufen; die Unwahrheit dieser 
Behauptung ergebe sich schon daraus, daß der General dort erst habe ein- 
tressen sollen, nachdem die Befragung des Nationalwillens im Wege der 
allgemeinen Abstimmung begonnen. Der General habe bei der französischen 
Fahne Schutz finden müssen, da er vor dem Abbruch der Unterhandlungen 
keine feindlichen Schritte gegen die mexicanische Regierung gethan habe. 
Wenn die Fahne Frankreichs in der Hauptstadt Merico wehen 
werde, so würde, wie dies auch in Italien geschehen sei, die Bevölkerung 
aufgerusen werden, ihre Wünsche kundzugeben. Wenn sie sich dahin aus- 
spräche, daß sie die Regierung des Präsidenten Juarez behalten wolle, so 
würde Frankreich auch dagegen nichts einwenden. Was die in verschiedenen 
Zeitungen verbreiteten Nachrichten von ganz übermäßigen Geldforderungen 
betresfe, welche von Frankreich an die mexicanische Regierung gerichtet sein 
sollen, so seien das Verleumdungen; es werde eine Commission ernannt 
werden, welche genau die Ansprüche der Reclamanten feststellen werde. 
Dem Rathe Favre's, mit Mexrico zu unterhandeln, könne die Regierung 
durchaus nicht solgen; die Ehre Frankreichs sel hier verpfändet; man habe 
Insulten zu rächen. 
27. Junt. Schluß der Session des gesetzgebenden Körper's. Rede 
· orny's. « c-..-.: 
„ „ Enthüllungen der Wiener „Presse“ über die mexicanische Candidatur 
des Erzh. Maximilian von Oesterreich.
	        
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