Frankreich. 259
scher Einsicht dargelegte Politik hat, sich in Nichts geändert. Sie bleibt für
die beiden Rechtsgegensätze (causes)/#denen sie in gleichem Maße die Be-
weise lhrer Fürsorge reichlich zugewendet hat, von den nämlichen Gesin-
nungen wie früher beseelt. Die römische Frage berührt die höchsten Interessen
der Religion und der Politik; sie regt überall auf dem Erdball die beach-
tenswerthesten Zweifel an, und bei der Prüfung ihrer Schwierigkeiten sieht
die Regierung des Kaisers es als ihre erste Pflicht an, sich gegen alles zu
verwahren, was einer Ueberstürzung ihrerseits ähnlich sehen, oder sie von
der Bahn, welche sie sich selbst vorgezeichnet hat, ablenken könnte. — Das
ist der Standpunkt, auf den ich mich bei Uebernahme der Leitung der aus-
wärtigen Angelegenheiten gestellt habe". -·.
19. Okt. Lavalette von Rom abberufen und durch den Prinzen Latour
d'Auvergne ersetzt; an die Stelle Benedetti's in Turin tritt Graf
Saartiges. - 1
26. „ Depesche des Hrn. Drouyn de Lhuys nach Turin über die
Lösung der römischen Frage: s-
,...Dickaiserl«Regierung-hat,indem«sie«Achthatte«,"ihre·Vetantwort-
lichkeit aus dem Spiele zu zichen und den Charakter ihrer Entschlüsse genau
zu bestimmen, sich in der Hoffnung gefallen, daß die Wiederaufnahme ihrer
diplomatischen Beziehungen mit dem Turiner Cabinette ihr erlauben würde,
endlich mit Erfolg an dem Versöhnungswerke zu arbeiten, an welches sich
nach ihrer Ueberzeugung die definitive Weihe der neuen Ordnung der Dinge
auf der Halbinsel anknüpft. Ihr sympathisches Interesse für Italien, ihre
Vorsorge für den heiligen Stuhl und über alles dies ihre Pflichten gegen
Frankreich schrieben ihr vor, ihre Anstrengung mit einer Beharrlichkeit zu ver-
folgen, welche weder durch schroffen Widerstand, noch durch unüber-
legte. Ungeduld müde werden sollte und welche die Bedentung der in der
römischen Angelegenheit engagirten Interessen genugsam erklärte. Der Kaiser
hat Sorge getragen, in einem neulich im „Moniteur“ veröffentlichten Briefe
die Principien, welche seine Politik leiten, zu erklären und sowohl Italien
wie dem heiligen Stuhle den zu erreichenden Zweck und die dazu erforder-
lichen Mittel zu zeigen. Seit dem Augenblicke, wo der Kaiser auf diese
Weise die Schwierigkeiten der Aufgabe und die Bedingungen des Erfolges
angab, hat seine Regierung nicht aufgehört, ihre Versuche zu erneuern, die
Geister einander zu nähern und den aufgeregten Gemüthern sowohl, wie
den leidenden Interessen Frieden und Sicherheit zu geben. Die Ergebnisse
haben bisher leider ihren Erwartungen nicht entsprochen; aber wenn wir
einerseits die Standhaftigkeit, mit welcher der römische Hof sich geweigert.
hat, mit uns gemeinsam die Basis einer annehmbaren Transaction zu suchen,
bedauern, so haben doch andererseits bedeutende Thatsachen, die ich nicht
« verschweigen kann, diesen Hof in seinem Widerstande bestärkt, und indem sie
sein Mißtrauen rechtfertigen, haben sie der Regierung des Kaifers neue
Schwierigkeiten gegenübergestellt. Der General Garibaldi hat, indem er
seine individuelle Initiative der regelmäßigen Aktion der öffentlichen Macht
unterschob, eine Expedition organisirt, welche notorisch gegen uns gerichtet
war, und forderte mit bewaffneter Hand Rom, das unter unseren Schutz
gestelt war. Die Regierung des Königs hat, ich beeile mich, es anzuer-
kennen, mit einer Entschlossenheit und Energie, worin man- ihre Loyalität
ehren muß, diesen Versuch glücklich niedergeschlagen. Seine Conception allein
und der Anfang von Ausführung, der ihr gefolgt war haben indessen in
Italien eine durch die Gährung anarchischer Leidenschaften aufgeregte Situa-
tion aufgeweckt. Gleichzeitig organisirten sich in einem benachbarten
Lande lärmende Manifestationen, deren eingestandener Zweck der war
auf die Entschlüsse des Kaisers einen Druck auszuüben.
„Wie es mir überflüssig erscheint, daran zu. erinnern, daß Frankreichs.
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