Frankreich. 261
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Art und Weise, wie der römische Hof unsere wiederholten Ausgleichungsver-
suche aufgenommen hat, und ich habe besonders darauf hingedeutet, daß diese
beständigen Ablehnungen einen übeln Eindruck auf die öffentliche Meinung
ausüben müßten". Er habe dann auch, fährt er weiter fort, die Gegen-
gründe der päpstlichen Regierung widerlegt. Die meisten katholischen Mächte
seien der Ansicht Frankreichs. Der Papst selbst habe die Reformen zuge-
standen, und erklärt, daß er nur die Rückkehr der verlorenen Provinzen ab-
warte, um sie auszuführen. „Ich habe Mühe“, sagt der Minister, „diesen
Ausschub zu begreifen. Kann die großmüthige Seele des Hohenpriesters
ihren treu gebliebenen Unterthanen die ihren verirrten Unterthanen zu Theil
gewordenen Wohlthaten versagen? Wenn der römische Hof durch weise Zu-
stimmungen an die Bedürfnisse der Zeit die Herrschaft über die Bevölkerung,
die ihm bleibt, consolidirt, so sichert er die Gegenwart durch einen spontanen
Akt, von welchem er alle Ehre und allen Nutzen sofort einerntet, und wel-
cher ihm erlaubt unter bessern Bedingungen zu warten und vielleicht die
Chancen, welche die Zukunft noch birgt, sich vorzubehalten“.
b„Man wird in Rom begrelfen, daß die öffentliche Meinung in Frankreich
der Regierung Pflichten auferlegt. Wenn das katholische Frankreich um seine
Opfer für eine seinen Traditionen theure Angelegenheit noch nicht feilscht, so
treunt es die Beschützung des Papstes doch nicht von der Verbesserung
des Schicksals der römischen Bevölkerung, und es könnte endlich
müde werden, die Hoffnungen die es selbst hat entstehen lassen beständig auf-
schieben zu sehen. Unsere verlängerte Besetzung des Kirchenstaats wird an-
dererseits in Fraukreich ernstlich, wenn nicht mit Recht, im Namen von
Princlpien und Interessen angegriffen, welche die unfrigen sind, und die
Regierung des Kaisers glaubt berechtigt zu sein von dem heiligen Stuhle
zu fordern ihr ihre Aufgabe zu erlelchtern, indem er durch den aufgeklärten
und liberalen Gebrauch seiner Macht die Gegner seiner Souveränetät ent-
waffnet. Wenn der römische Hof die Reformen bis zu dem Augenblick auf-
schlebt, wo die Provinzen, welche früher den Kirchenstaat ausmachten wieder
zu ihm zurückkehren, nöthigt er uns über die territorielle Frage uns
auszusprechen. Wir haben nie weder die Legitimität der Reclamationen des
heiligen Stuhls noch den Werth seiner Proteste verkannt, und wenn wir
hier rathen für die Gegenwart zu sorgen, so haben wir durchaus nicht die
Absicht ihr für die Folge zu präjudiciren. Jede Regierung bleibt Herr
ihrer Handlungen und beurtheilt den Umfang ihrer Pflichten. Meine
Pflicht ist es ausdrücklich zu erklären, daß die Regierung
des Kaisers von den Mitteln, die verlorenen Provinzen
wieder unter päpstliche Botmäßigkeit zurückzuführen, die
Gewaltmittel ausschließt. Sollen wir deshalb aber auf die Hoff-
nung verzichten, den heiligen Stuhl auf Unterhandlungen eingehen zu
sehen, deren Zweck wäre ihm unter festzusetzenden Normen für das was ihm
verbleibe eine formell stipulirte Garantie zu geben, welche die Verträge, die
seinen Länderbestand constituirten, ihm nicht gegeben hatten? Wenn die
Provinzen des heiligen Stuhles das Dominium der katholischen Welt sind,
können da die Regierungen, welche die Katholicität in ihren irdischen In-
teressen vertreten, nicht zur Lösung einer Frage berufen werden, deren Prü-
fung ihnen ganz natürlich zuzukommen scheint) Ist das Stehenbleiben der
weltlichen Macht wirklich eine Gewissensfrage!? Können die Interessen dieser
weltlichen Macht, die als solche allen Veränderungen der irdischen Dinge
unterworfen sind, anders als durch die menschliche Vernunft regiert werden,
die stets dem Irrthum unterworfen, aber doch der einzige Führer politischer
Conceptionen ist? Ich habe es bereits gesagt, die Combinationen, denen
der römische Hof beistimmen könnte, würden seinen Reserven und der Au-
torität seiner Proteste nicht schaden. Wenn er das Recht aufrecht erhält,
wenn er an einem bestimmten Tage seine Ohnmacht eingesteht, läßt er die